SPÖ-Landesgeschäftsführer will Mitgliederpartei

In einem Exklusivinterview mit Radio Steiermark lässt der Geschäftsführer der steirischen SPÖ, Max Lercher, aufhorchen: Er fordert eine Mitglieder- statt einer Funktionärspartei - es gebe keinen Weg der Mitte.

Max Lercher

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Geht es nach den Plänen von Max Lercher, wird sich die Macht des Parteiapparats künftig verringern: „Ja, ich glaube, das ist ein wesentlicher Punkt in der Entwicklung der SPÖ. Wollen wir weiter Funktionärspartei sein oder gehen wir in Richtung Mitgliederpartei? Da gibt es keinen Weg der Mitte, da muss man eine klare Entscheidung treffen - und ich gehe gerne in Richtung Mitglieder“, so Lercher im Gespräch mit ORF-Steiermark-Redakteur Günter Encic.

Radio Steiermark: Derzeit wird das Alltagsbild der Koalition im Bund geprägt von Konflikten, Sticheleien und Eifersüchteleien bei Presseauftritten. Wie schätzen sie das ein?

Lercher: „Ich schätze das ähnlich ein. Ich glaube, der Christian Kern macht mit seinen Auftritten viele nervös. Es muss aber niemand nervös werden, weil er die Hand ausstreckt zur Zusammenarbeit. Das heißt, a) man nimmt die Hand - oder b) man rechnet mit anderen Dingen, weil er ist keiner, der sich versteckt. Er gibt Themen vor, und das ist gut so.“

Radio Steiermark: Wird die Zukunft der Koalition die Variante A oder die Variante B sein?

Lercher: „Das kommt ganz auf die Bundes-ÖVP an.“

Radio Steiermark: Aber genau das sagt die ÖVP auch - nur umgekehrt.

Lercher: „Ja, aber da habe ich meiner Meinung nach einen Informationsvorsprung, und da glaube ich auch dem Christian Kern, dass er an ehrlicher Zusammenarbeit interessiert ist. So schätze ich ihn ein, so kommuniziert er, das ist auch so. Ich glaube, dass es auch in der ÖVP Teile gibt, die das so sehen und auch so wollen. Aber es gibt natürlich auch die anderen Kräfte, die das nicht wollen und glauben, dass dem Kanzler nichts gelingen soll. Und das halte ich für nicht gut in der Politik.“

Radio Steiermark: Höre ich da eine gewisse Skepsis heraus, ob die Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode auch hält?

Lercher: „Ich glaube, wenn man diese Skepsis nicht hat angesichts der Diskussionen, wäre man blauäugig. Ich glaube, das steirische Vorbild ist nach wie vor eines, auf das man sich einlassen kann.“

Radio Steiermark: Was sagen sie eigentlich ihren Parteifreunden, aber auch den Wählern angesichts der Tatsache, dass vor rund einem Jahr eine Bildungsreform, ohnedies in kleinem Ausmaß, beschlossen worden ist, bis jetzt aber de facto kaum etwas umgesetzt wurde?

Lercher: „Ich sage ihnen dann immer wieder: Wenn man keine absolute Mehrheit hat, braucht man Partner. Und wenn man Partner braucht, dann braucht man Kompromisse. Wenn die nicht da sind, geht nichts weiter. Wenn die Zusammenarbeit im Ganzen nicht funktioniert, dann wird man, glaube ich, in Neuwahlen gehen müssen, weil die Bevölkerung das auch nicht mehr verstehen würde. Bei der Wertschöpfungsabgabe und den Vorschlägen von Christian Kern glaube ich, dass im Hintergrund viel, viel bessere Gespräche zwischen den Koalitionsparteien stattfinden als es medial rüberkommt.“

Radio Steiermark: Herr Lercher, es ist derzeit eine SPÖ-Arbeitsgruppe am Werk, die sich damit beschäftigt, welche Kriterien es geben soll für die Zusammenarbeit in einer Koalition. Welche Punkte müssen unbedingt drinnen sein?

Lercher: „A) die Menschenrechte; B) das Bekenntnis zur Europäischen Union. Und aus sozialdemokratischer Sicht auch eine gerechte Steuerpolitik und Vermögensverteilung. Das wären meine Vorstellungen, alles andere wird die Arbeitsgruppe unter Peter Kaiser bestimmen.“

Radio Steiermark: Wäre anhand dieser drei Kriterien die FPÖ ein Koalitionspartner?

Lercher: „So, wie sie sich jetzt positioniert hat in zwei dieser Fragen, nicht. Aber man muss ja jedem zugestehen, dass er gescheiter werden kann.“

Das Gespräch führte ORF-Steiermark-Redakteur Günter Encic

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