Schützenhöfer zu Rot-Blau: „ÖVP muss aufpassen“

Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) hat sich am Freitag über die Annäherung von SPÖ und FPÖ auf Bundesebene erfreut gezeigt. Die ÖVP aber müsse aufpassen, „nicht zum Zuschauer degradiert zu werden“.

Zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt traf Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) Mittwochabend im Rahmen der Ö1-Diskussionsreihe „Klartext“ direkt mit FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache zusammen. Das einstündige Streitgespräch lief ungewöhnlich „amikal“ ab, wie Kern gegen Ende der Veranstaltung bemerkte, und auch Strache lobte die „neue Qualität“ der Gesprächsbasis seit dem Beginn von Kerns Kanzlerschaft - mehr dazu in Kern vs. Strache: Streitgespräch verlief „amikal“ (news.ORF.at).

„Guter Schachzug von Christian Kern“

Bundeskanzler Kern nehme „durchaus eine Irritation der Linken innerhalb der SPÖ in Kauf“, so Landeshauptmann Schützenhöfer am Freitag - in Wahrheit wiederhole sich damit, was Bruno Kreisky 1970 gemacht habe: Dem damaligen SPÖ-Chef war es mit Hilfe der FPÖ gelungen, eine Minderheitsregierung auf die Beine zu stellen. „Ich denke, das ist strategisch ein guter Schachzug von Christian Kern, denn es ist der Versuch einer Rückholaktion von Wählern und nimmt der FPÖ den Wind aus den Segeln“, so Schützenhöfer.

„Die Karten sind neu gemischt“

Allerdings: Die ÖVP musste seinerzeit nach 25 Jahren in die Opposition und blieb dort bis 1987. Angesprochen auf die möglichen Konsequenzen für die heutige ÖVP meinte Schützenhöfer: „Wir müssen natürlich aufpassen, dass wir in dieser Entwicklung nicht zum Zuschauer degradiert werden. Aber strategisch ist klar, dass für die SPÖ die Freiheitlichen interessanter sind als die ÖVP.“

Hermann Schützenhöfer (ÖVP)

ORF

Hermann Schützenhöfer sieht Chancen und Gefahren für alle Parteien

Für die FPÖ mit Strache an der Spitze sei die Entwicklung aber ebenfalls gefährlich, „weil sie nicht mehr so anfahren kann wie jetzt, wenn sie in diesen Dialog eintritt“, meinte der steirische Landeshauptmann. Für die Blauen sei die SPÖ interessanter als die ÖVP, weil es „die Überwindung einer 30-jährigen gegenseitigen Ausgrenzung auf Bundesebene ist“.

Aber auch für die Volkspartei sieht Schützenhöfer einen Vorteil: „Die SPÖ kann ab sofort nicht mehr bei Nationalratswahlen für Stimmen werben, indem sie sagen, es droht Schwarz-Blau. Das ist ab sofort vorbei. Die ÖVP kann jedoch mit Rot-Blau die Wähler mobilisieren. Und es gibt genug aus dem Lager der SPÖ und der FPÖ, die eine Zusammenarbeit dieser beiden Parteien nicht wollen. Da liegt für die Volkspartei schon noch einiges drinnen. Die Karten sind da jetzt neu gemischt.“ Das betrachte er als positiv, weil man in den Wettbewerb um die besseren Ideen eintrete könne.

Schützenhöfer rechnet mit neuen Koalitionsformen

Im Falle, dass die ÖVP nach der nächsten Nationalratswahl tatsächlich aus der Regierung fällt und die SPÖ mit der FPÖ koaliert, meinte Schützenhöfer: „Jede Koalitionsbildung, die aufgrund freier Wahlen erfolgt, ist zu akzeptieren. Fest steht nur, dass das, was wir jetzt haben, nicht mehr wiederholbar ist. Partner, die zusammenarbeiten und in einer Regierung sind, sich aber nicht wirklich mögen, die werden nicht in die Zukunft verlängern wollen.“ Es werde, wann immer die Nationalratswahl stattfindet, neue Koalitionsformen geben, zeigte sich der steirische ÖVP-Chef überzeugt, der aber auch betonte, dass er bezüglich des Wahltermins stets für ein Durcharbeiten sei.

Wie sich die Annäherung von SPÖ und FPÖ auf die bevorstehende Bundespräsidentenwahl auswirke, könne derzeit noch keiner sagen: „Da würde ich aber als SPÖ nicht zu früh jubeln, denn da wird es jetzt für rote Wähler leichter, für Hofer zu stimmen“, schätzte Schützenhöfer die Lage ein.

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