Zeugen nicht erschienen - Böllerprozess vertagt

Der Prozess um die verheerende Böllerexplosion von Kapfenstein ist am Mittwoch vertagt worden; wichtige Zeugen waren nicht erschienen. Zuvor gab es auch einen Anschlag auf das Haus des Hauptangeklagten, der jedoch misslang.

Dadurch hatte der Prozess um die Explosion, die im November 2014 zwei Menschenleben gekostet hatte, am Mittwoch mit Verspätung begonnen: „Es gab einen Zwischenfall“, hieß es zunächst. Als das Verfahren schließlich begann, klärte die Richterin über den Grund der Verspätung auf.

Benzinkanister mit abgebrannter Zündschnur

Hauptangeklagter ist ein 33-Jähriger, der für die illegale und unsachgemäße Produktion sowie für das Vertriebsnetzwerk verantwortlich sein soll. Nach seinen Angaben entdeckte er am Mittwoch einen vollgefüllten Fünfliterbenzinkanister zwischen seinem Auto und dem seiner Frau, beide abgestellt vor dem Haus des Mannes; daraus ragte eine abgebrannte grüne Zündschnur, die frühzeitig von selbst erloschen sein dürfte.

„Irgendwer will mich wegtun“

„Irgendwer will mich wegtun, das ist keine Einschüchterung mehr“, so der Hauptangeklagte dann unter Tränen zur Richterin. Zum Zeitpunkt des versuchten Anschlags habe sich seine gesamte Familie im Haus aufgehalten. Auf die Frage, ob er eine Vermutung habe, wer dafür verantwortlich sein könnte, sagte der 33-Jährige, er gehe davon aus, dass es „jemand aus dem Pyrotechnik-Kreis“ gewesen sei. Auf die Frage nach dem Warum, sagte er dann: „Wegen der grünen Zündschnur!“

Direkte Drohungen gegen seine Person habe es nicht gegeben, so der Hauptangeklagte weiter, allerdings sei seine Frau einmal mit ihrem Auto auf einem Parkplatz von einem Unbekannten sehr auffällig fotografiert worden.

„Er war als Bastler bekannt“

Schließlich konnte der Prozess dann doch beginnen. Zunächst wollte einer der Beschuldigten eine Aussage machen. Was den Mann so erboste, war, dass der Hauptangeklagte Knallkörper billiger verkaufte, als er das Material dafür bei ihm bezogen hatte. „Ich hätte ihn sofort angezeigt, wenn ich das gewusst hätte“, wiederholte er mehrmals. Die Richterin versuchte ihm daraufhin zu erklären, dass es hier nicht um die Verkaufspraxen des 33-Jährigen gehe, sondern um illegale Produktion.

Ein anderer Zeuge, der sich erst nach einiger Zeit daran erinnerte, dass er sein angeblich stillgelegtes Pyrofachgeschäft kurz vor Jahresende doch wieder habe aufleben lassen, hatte vom 33-Jährigen Ware angeboten bekommen, kaufte aber nichts: „Er war mir als Bastler bekannt“, schilderte der Zeuge. Er verwehrte sich auch dagegen, dass er zu „Probeschießen“ geladen habe. „Das war eine Hausmesse, und wir haben nur Attrappen gehabt“, sagte er. „Wozu?“, fragte die Richterin. „Um zu zeigen, wie gefährlich diese Sachen sind“, lautete die Antwort.

Sachverständiger: Gemisch war „sehr zündfreudig“

Am Mittwoch kam auch ein Sprengstoffsachverständiger zu Wort, nach dessen Angaben die „improvisierte Serienproduktion“ „jede sicherheitstechnische Grundlage“ überschritten habe. Die Detonation war demnach so gewaltig, dass Körperteile der beiden getöteten Männer bis zu 40 Meter weit geschleudert wurden.

Der Gutachter schilderte, man habe nach dem Unglück eine Art Fertigungsstraße entdeckt, auf der die Metallknallsätze, sogenannte „Blitzknaller“, hergestellt wurden. Hauptbestandteile waren Aluminiumpulver und Kaliumperchlorat, was an sich schon ein „sehr zündfreudiges“ Gemisch ergebe, so der Gutachter. Offenbar wurde auch Schwefel beigemischt, was die Knallkörper noch empfindlicher macht und die Zündungsfreudigkeit erhöht. „Bereits 50 Gramm dieser Mischung ist bei freier Schüttung detonativ“, führte der Sachverständige aus. Bereits ein kleines Häufchen dieser Mischung kann beim Ausschütten auf einem Tisch explodieren.

Gemischt wurden die Chemikalien in einem Art Maischefass, und zwar immer fünf Kilogramm auf einmal. „Das überschreitet jede sicherheitstechnische Grundlage. Sogar bei ferngesteuerter Produktion darf ein Kilogramm nicht überschritten werden“, erklärte Eberhardt.

Prozess wurde vertagt

Während die Urteile für Donnerstag anberaumt waren, wurde der Prozess am Nachmittag vertagt: Einige Zeugen waren aus Krankheitsgründen nicht erschienen und die Verteidiger wollten auf deren Aussagen nicht verzichten. Ein neuer Termin war zuletzt noch nicht bekannt.

Der 33-jährige Hauptangeklagte soll seit 2012 selbst Böller hergestellt haben, zuerst im eigenen Keller und im Haus seiner Eltern - später mit Unterstützung zweier Brüder sowie ab 2014 auf deren Anwesen in Kapfenstein. Dort kam es dann am 17. November 2014 zur verheerenden Explosion.

25 Kilogramm Böller flogen in die Luft, zwei Menschen wurden getötet; weitere 175 Kilo im Lager explodierten nicht, was laut Anklage nur „glücklichen Umständen“ zu verdanken gewesen sei.

Insgesamt neun Personen angeklagt

Insgesamt waren neun Personen im Zusammenhang mit der illegalen Böllerproduktion im oststeirischen Kapfenstein angeklagt - mehr dazu in Tödliche Böllerexplosion: Neun Anklagen (4.7.2016) -, ein Beschuldigter erhielt sein Urteil schon: Der ehemalige Polizist und nunmehrige Pyrotechniker wurde Anfang Oktober - am dritten Prozesstag - wegen Falschaussage und versuchter Begünstigung zu vier Monaten bedingt und 7.200 Euro Geldstrafe verurteilt - mehr dazu in Böllerprozess auf November vertagt (7.10.2016).