Norbert Hofer: „Rede nicht um den heißen Brei“

Zum letzten Mal vor dem Wahlgang hat Radio Steiermark die beiden Bundespräsidentschaftskandidaten Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen zum Interview gebeten. Den Anfang macht FPÖ-Kandidat Hofer.

Norbert Hofer im Studio

ORF

FPÖ-Kandidat Norbert Hofer

In der mittlerweile aufgehobenen Stichwahl im Mai lag der Steirer rund 30.000 Stimmen hinter seinem Konkurrenten. Das Rennen um die Steiermark konnte Norbert Hofer jedoch mit 56 Prozent der gültigen Stimmen für sich entscheiden.

Vor allem in der Ost- und Weststeiermark erreichte er fast doppelt so viele Stimmen wie der von den Grünen unterstützte Alexander Van der Bellen, der eigentlich nur in Graz reüssierte - mehr dazu in Hofburg-Wahl: So haben die Steirer gewählt (24.5.2016).

Radio Steiermark: Herr Hofer, der Wahlkampf dauert nun schon fast ein halbes Jahr - Sie haben vermutlich unzählige Interviews gegeben. Gibt es eine Frage, auf die Sie gewartet haben, die aber nie gestellt worden ist?

Norbert Hofer: Nein, also es gibt jetzt keine Frage, die mir einfallen würde, bei der ich sage: Schade, dass ich diese Frage nicht bekommen habe. Es wurde fast alles schon gefragt; ich bin immer sehr überrascht, wenn etwas Neues kommt. Aber nach einem Jahr, oder bei mir sind es jetzt zehn Monate, hat man so viele Interviews gegeben und so viele Fragen beantwortet, dass eigentlich schon fast alles abgedeckt ist.

Radio Steiermark: Gesetzten Falles, Sie säßen hier an meiner Stelle - was würden Sie Norbert Hofer fragen?

Hofer: Ich würde ihn fragen, was er dazu beitragen kann, dass Österreich wieder fit wird.

Radio Steiermark: Und was kann er dazu beitragen?

Hofer: Das ist eine kleine Maßnahme, die aber große Wirkung hätte - nämlich eine Schnittstelle zwischen dem Rechnungshof und der Bundesregierung, wo wir eine Abteilung haben, wo wir Legisten beschäftigen, Menschen, die wirklich etwas von Projektplanung und Projektmanagement verstehen, und Budgetexperten. Die Idee ist, dass diese Stelle Vorschläge des Rechnungshofes herausnimmt, gleich in einen Gesetzesvorschlag einbindet, dann aufzeigt; wie sieht die Reform budgetär aus - vielleicht negativ in den ersten zwei Jahren, dann positiv - werden dadurch Arbeitsplätze geschaffen, steigt die Kaufkraft usw., also wirklich ein fertiges Paket für die Regierung und das Parlament, damit die Entscheidungen leichter getroffen werden.

Radio Steiermark: Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, ist der Vorteil, dass das Parlament dann eine Materie erhält, die auf Kosten - auch was die Zukunft betrifft - und Verfassungskonformität geprüft worden ist.

Hofer: Genau so ist es, denn momentan kommen ja die Gesetzesvorschläge meistens aus den Ministerien. Und dort haben wir einen gewissen Reformstau.

Radio Steiermark: Herr Hofer, in diesem Wahlkampf ist sehr oft der Terminus von der Richtungswahl gefallen. Ist dieser Ausdruck angesichts der politischen Entscheidungskompetenzen, die ein Bundespräsident in Österreich hat, nicht etwas überzogen?

Hofer: Na, es ist schon etwas Wahres dran, weil der Bundespräsident in vielen Bereichen hohes Gewicht hat - ich nenne CETA, wo ich gesagt habe, ich will eine direkte demokratische Entscheidung - und natürlich wird man auch schauen, wer gewinnt, weil das auch in anderen Fragen die Regierung beeinflussen wird.

Radio Steiermark: Wobei Sie da ja auch nur Impulse setzen können, aber keine Umsetzung durchführen können.

Hofer: Aber sehr starke Impulse, weil ja der Bundespräsident der einzige Bundespolitiker ist, der direkt demokratisch gewählt ist; bei CETA ist es anders - da entscheide ich in der Materie.

Radio Steiermark: Nach Interviews und Diskussionen fallen die Analysen bei Ihnen oft nicht auf der inhaltlichen Ebene aus, sondern auf der Ebene: Wie war die rhetorische Umsetzung? Was glauben Sie - warum ist das bei Ihnen so?

Hofer: Ich finde es interessant, man sagt jetzt immer, ich bin ein besonders gewiefter Rhetoriker. Aber ich muss auch sagen, dass ein Bundespräsident natürlich Kommunikation und Rhetorik beherrschen muss.

Radio Steiermark: Jetzt haben Sie die positive Seite der Analyse hervorgehoben. Die negative ist auch, dass Ihnen von Experten vielfach vorgeworfen wird, Sie seien in der Kommunikation sehr destruktiv.

Hofer: Das ist schade, weil ich bin einer, der Fragen immer klar beantwortet, nicht um den heißen Brei herumredet. Natürlich sind das oft Antworten, die halt nicht allen Menschen geffallen - aber mir ist es lieber, eine klare Sprache zu finden.

Radio Steiermark: Sie haben - und jetzt zitiere ich Sie wörtlich - unter anderem gesagt: „Es soll so sein wie früher, wo man Haus und Wohlstand durch Arbeit erwarb und nicht durch Spekulation.“ Jetzt wissen Sie wohl selbst, dass Reichtum, nicht Wohlstand, sondern Reichtum, natürlich auch nicht durch Arbeit erwirtschaftet wurde, sondern durch Vererbung etc., und zweitens, dass wir in einem anderen Rahmen leben. Das heißt, so wie früher wird es nie mehr sein.

Hofer: Das glaube ich eigentlich nicht. Ich kenne auch Menschen, die mit null begonnen haben, sich etwas aufgebaut haben und damit auch - reich ist ein hartes Wort - aber wirklich Wohlstand erwirtschaftet haben.

Radio Steiermark: Was ich meine, ist: Wenn Sie sagen „wie früher“ - heißt das, man könne den Prozess der Globalisierung nicht mehr zurückdrehen?

Hofer: Nein, mir geht’s um etwas anderes: Wir haben die Basel-Richtlinien, wonach Banken kaum noch Kredite vergeben an Menschen, die wirklich eine gute Idee haben und etwas aufbauen wollen. Und das ist ein Hemmnis - genauso wie die Bürokratie, die wir haben. Die Kaufkraft sinkt. Und das ist eben, weil wir in manchen Bereichen zu viel Staat haben und dieser Staat natürlich teuer ist.

Radio Steiermark: Herr Hofer, von Ihnen, aber auch von Ihrem Konkurrenten Van der Bellen, ist der Heimatbegriff verwendet worden - was ist eigentlich für Sie Liebe zur Heimat?

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Radio Steiermark: Schauen wir über die Grenzen hinaus: Sie haben darauf hingewiesen, dass Sie sehr viele außenpolitische Kontakte haben, unter anderem auch zu Washington - welche Kontakte haben Sie da?

Hofer: Ich war im vorigen Jahr in Washington, habe dort einige Senatoren getroffen - ich wollte heuer auch fliegen, nur kam da der Wahlkampf dazwischen und ich habe damals noch nicht gewusst, dass ich Kandidat sein werde. Das war nämlich im Februar. Es gibt aber auch sehr gute Kontakte nach Moskau - der Botschafter war bei mir, hat mich gefragt, wann ich Moskau besuchen werde.

Radio Steiermark: Sie haben gesagt, es soll für Sie einen Schwerpunkt in Hinblick auf die Kooperation mit Visegrád-Staaten geben. Es hat jetzt seit den Weltkriegen in Österreich aber auch in Deutschland eine lange Tradition gegeben, die man als Westbindung zusammenfasst, also auch die Orientierung an den Werten westlicher Demokratien. Möchten Sie davon abrücken?

Hofer: Nein, ich möchte diese Bindung behalten - aber ich will unseren Arbeitsbereich ausweiten. Wir haben ein relativ hohes Wirtschaftswachstum in den neuen Mitgliedsländern, es sind Nachbarländer - und meine Idee wäre eine Visegrád-Plus-Konferenz ins Leben zu rufen, wo Visegrád-Staaten dabei sind, wo man aber auch Slowenien, Kroatien, später die Serben mitdabeihat, Österreich, Rumänien ... und dort in einem einfachen Rahmen auch unter wissenschaftlicher Begleitung Ideen entwickelt, was wir dazu beitragen können, dass sich die europäische Union besser weiterentwickelt.

Radio Steiermark: Gesetzten Fall, es gibt einen Knopf, auf dem Neustart steht - und Sie könnten den drücken und der Wahlkampf beginnt neu - was würden Sie anders machen?

Hofer: Wenn es das gäbe und wenn ich alles wissen würde, was ich jetzt weiß, dann würden wir sofort darauf aufmerksam machen, dass sich die Briefwahlkuverts wieder öffnen lassen - dann würden wir uns viel an Problemen ersparen.

Das Gespräch führte Günter Encic, Radio Steiermark

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