Prozess: Bruder bei Kindesentführung geholfen

Wegen der Kindesentziehung nach Paraguay hat sich am Freitag der Bruder des Kindesvaters und mittlerweile tödlich verunglückten Entführers in Graz vor Gericht verantwortet. Er soll seinem Bruder jahrelang Geld geschickt haben.

Der Vater hatte die Kinder 2004 von der Steiermark nach Paraguay gebracht, die Mutter suchte fast ein Jahrzehnt lang nach den Kindern. Erst als der Vater 2013 bei einem Mopedunfall ums Leben kam, fand sie sie wieder.

„Ziemlich eigensinniger Mensch“

Der 65-jährige Bruder des Kindesentführers lebt in Deutschland. Seinen Bruder beschrieb er am Freitag als ziemlich eigensinnigen Menschen. Im November 2004 hätte ihn seine Schwester angerufen und von der Entführung erzählt.

Erst im Herbst 2005 habe sich der Bruder aus Paraguay per E-Mail gemeldet. Von da an soll er laut Staatsanwalt insgesamt 78.000 Euro per Prepaidkarten nach Paraguay geschickt haben: „Ich habe Angst gehabt, dass er sich und den Kinder etwas antut, wenn ich das nicht mache“, rechtfertigte sich der Mann - und unterstrich, der Bruder wäre nie zurückgekommen. Schuldig fühlte er sich nicht.

Mutter schrieb an ganze Verwandtschaft

Die Kinder waren nach der Trennung der Mutter zugesprochen worden. Diese schrieb laut dem Richter Briefe an die ganze Verwandtschaft, um zu erfahren, wo die Kinder sind. „Warum sagten Sie der Mutter nicht, wo die Kinder sind; sie hat sich enorme Sorgen gemacht“, fragte der Richter nach. „Sie hat mir nur Briefe, aber nicht den Gerichtsbescheid geschickt. Ich habe sicher nicht darauf hingearbeitet, hier zu sitzen“, antwortete der Angeklagte.

Sein Verteidiger betonte, dass man erst seit 14 Tagen vom Sorgerecht der Mutter wisse. Und: Hätte der Angeklagte nicht geholfen, wären die Kinder im Urwald vor die Hunde gegangen. Die Mutter der Kinder sagte als Zeugin aus und machte einen gebrochenen Eindruck. Denn die Kinder möchten momentan nicht zurück.

Weitere Befragungen noch ausständig

Der Sohn wird nächstes Jahr 17, die Tochter ist bereits volljährig. Der Richter will die Tochter zur Rolle des Onkels befragen. Mit der Antwort auf das Rechtshilfeersuchen aus Paraguay rechnet der Richter in der wärmeren Jahreszeit, wie er sagt.

Ob der Angeklagte tatsächlich nichts vom Sorgerecht der Mutter wusste, soll auch noch die Befragung eines Polizisten zeigen. Ein Detail am Rande: Die Polizeistation im Ort in Paraguay lieferte den steirischen Kindesentführer nicht aus, obwohl man wusste, dass er international gesucht wird. Der Prozess wurde vertagt.