Missstände bei Abschiebungen vermutet

In der Steiermark befinden sich derzeit rund 10.500 Flüchtlinge in der Grundversorgung. Der internationale Tag der Migranten soll am Sonntag auf deren Rechte, aber auch auf Missstände bei Abschiebungen aufmerksam machen.

Laut Verwaltungsgerichtshof dürfen Flüchtlinge, die legal über die Balkanroute eingereist sind, nach dem Dublin-Verfahren nicht nach Kroatien abgeschoben werden, und zwar so lange nicht, bis der Europäisches Gerichtshof darüber entschieden hat. Die gängige Abschiebepraxis sehe aber anders aus, heißt es von der Plattform Boarder Crossing Spielfeld.

Künstliche Verringerung von Asylverfahren vermutet

„Aus unserer Dokumentation geht hervor, dass nach dem 16. November mehr als 60 Personen abgeschoben worden sind. Das heißt, nachdem das Verwaltungsgerichtshofserkenntnis ergangen ist. Wir haben Betroffene aus Weiz, Deutschlandsberg, Graz und aus Lafnitz in der Steiermark“, sagt Petra Leschanz von Boarder Crossing Spielfeld.

Sie unterstellt den Behörden, die Zahl der anhängigen Asylverfahren künstlich verringern zu wollen: „Die Willkür liegt definitiv in der Auswahl der betroffenen Personen. Wir kennen ja auch die Aktenlage. Wir kennen die Einreisegeschichte der Personen.“

Brüderpaar in der Nacht auf Straße gestellt

Großes Aufsehen hat diese Woche der Fall eines irakischen Brüderpaars – elf und 19 Jahre alt – erregt. Vom Haus der Caritas in Graz waren sie in Schubhaft nach Wien gebracht worden. Zwei Tage später wurde die Abschiebung gestoppt und die traumatisierten Jugendlichen seien mitten in der Nacht ohne Ausweise auf die Straße geschickt worden.

Sozialarbeiterin Doro Blanck hat die Burschen in Graz in Empfang genommen: „Der Bub ist mir um den Hals gefallen. Der hat eine Viertelstunde nur geweint. Und den Älteren habe ich auch umarmt. Ich habe gesagt, es tue mir leid. Und ich habe mich dafür entschuldigt, was ihnen passiert ist.“

„400 unrechtmäßige Abschiebungen“

Mittlerweile sind die beiden Jugendlichen wieder in Graz, auch liegt seit Donnerstag das Urteil des Verfassungsgerichtshofes vor, wonach die Burschen vorerst nicht abgeschoben werden dürfen. Ähnliche Entscheidungen des Höchstgerichts erhofft man mit Hilfe von Juristen nun auch in anderen Fällen zu erwirken.

„Die Gerichte werden jetzt sehr viel zu tun haben, all das wieder aufzuarbeiten, diese massive Anzahl an Abschiebungen. Man hätte es einfacher haben können“, so Blanck. Boarder Crossing Spielfeld spricht von 400 unrechtmäßigen Abschiebungen in den vergangenen Monaten.