Land übernimmt Haftung für Joanneum Research

Nach einem hitzigen Auftakt um das Murkraftwerk ist man am Dienstag in der ersten Landtagssitzung 2017 zu einem Beschluss in einer anderen Causa gekommen: Das Land übernimmt eine 5,6-Millionen-Euro-Haftung für Joanneum Research.

Der Beschluss erfolgte mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, KPÖ und Grünen gegen jene der Freiheitlichen. Hintergrund ist eine Erkenntnis des Finanzamts Graz-Stadt, wonach bei der Forschungsgesellschaft Joanneum Research (JR), die zu 85 Prozent dem Land Steiermark und zu 15 Prozent dem Land Kärnten gehört, keine Gemeinnützigkeit mehr vorliege.

Deshalb komme allein bei der Umsatzsteuer für den Prüfungszeitraum von 2011 bis 2014 2,26 Millionen Euro an Nachzahlungen zusammen. Dazu kommt unter anderem noch eine Rückforderung aus dem Titel einer Forschungsprämie, was 2,42 Millionen Euro ausmache, wie auch Nachzahlungen für noch nicht geprüfte Geschäftsjahre, wie die „Kleine Zeitung“ (Dienstag-Ausgabe) berichtete. Daher musste die JR Rückstellungen von rund 7,14 Millionen Euro vornehmen.

Beschluss unter Kritik von FPÖ

FPÖ-Finanzsprecher Gerald Deutschmann kritisierte, dass „wieder einmal der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird“. Man habe eigentlich gedacht, dass hier Profis am Werk seien. ÖVP-Landesrat Christopher Drexler sah sich „zu einigen Klarstellungen in einer insgesamt unerquicklichen Angelegenheit“ veranlasst: „Die Joanneum Research ist eine der Perlen der Forschungslandschaft“, betonte Drexler.

„Haftung im Interesse des Steuerzahlers“

Die 5,6 Millionen Euro seien laut Drexler auch nicht einfach weg. Denn bei der Joanneum Research sei man in Berufung gegen die erstinstanzlichen Bescheide gegangen - das Verfahren sei noch nicht abgeschlossen. Wenn es aber um Forschungsaufträge in Österreich und auf europäischer Ebene gehe, dann seien bilanzielle Daten nachzuweisen.

„Wir wollen keinesfalls die JR-Erfolgschancen dadurch schmälern, dass man wegen Rückstellungen in Schieflage kommt“, sagte der Landesrat. Nach dazu, da die JR zuletzt eines der besten operativen Ergebnisse der vergangenen Jahre hatte. Die Haftung sei im Interesse des Steuerzahlers, nicht gegen dessen Interesse.

Aktuelle Stunde zum Murkraftwerk einberufen

Hitzig war der Auftakt der ersten Landtagssitzung im neuen Jahr gewesen: In einer von den Grünen einberufenen Aktuellen Stunde zum Bau des Murkraftwerks in Graz-Puntigam wurde erneut der Baustopp gefordert. Grüne und KPÖ pochten weiterhin darauf, eine Volksbefragung durchzuführen - mehr dazu in Murkraftwerk: Gutachten für Volksbefragung (13.1.2017).

Der politisch zuständige Beteiligungs-Referent, Michael Schickhofer (SPÖ) stellte daraufhin nochmals eindeutig klar: Das Murkraftwerk werde gebaut. Die baulichen Vorarbeiten für die Murstaustufe in Graz Puntigam laufen ja bereits seit mehreren Wochen - mehr dazu in Murkraftwerk: Baustart mit Ombudsmann (28.12.2016) -, und daran werde auch die Aktuelle Stunde der Grünen im Landtag nichts ändern.

Vier Jahre und über 50 Gutachten

Der Grüne Klubobmann Lambert Schönleitner forderte außerdem neuerlich eine Prüfung des Projektes durch den Rechnungshof. Sabine Jungwirth von den Grünen verwies dazu auf ein Gutachten, in dem das Murkraftwerk mit 60 anderen Kraftwerken in Österreich verglichen worden sei und wonach es aus Sicht der Wirtschaftlichkeit den letzten Platz belegen würde: „Ich appelliere hier noch einmal: Denken sie nach, wo es klüger ist zu investieren!“

Für Schickhofer hatte das von den Grünen präsentierte Gutachten jedoch nichts mit der Realität zu tun - das Projekt sei vier Jahre lang geprüft und auch bewilligt worden; es habe 50 Gutachten gegeben: „Wir bauen das Murkraftwerk in Graz, weil es in der Bauzeit bis 2019 1.800 Arbeitsplätze schafft, weil es grünen Strom zur Verfügung stellt - und weil es ein Naherholungsgebiet für die Grazer schafft“, so Schickhofer.

Diskussion um Zahl der gefällten Bäume

Das wiederum brachte KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt Weithaler zur Kritik: „Jemand, der sich hier herstellt und sagt, durch den Bau dieser Murstufe entsteht dort ein Naherholungsgebiet, der kann noch keine einzige Stunde dort gewesen sein, wo das jetzt stattfinden soll. Bis zum Augarten hinauf werden an die 16.000 Bäume gefällt.“ Diese Zahl wiederum dementierte Umweltlandesrat Anton Lang (SPÖ) heftig: „Es ist sehr spannend, wie sich die Zahl der Bäume verdoppelt, die gefällt werden; von 8.000 auf 16.000 - wenn jetzt noch wer rausgeht, sind es dann vielleicht 32.000.“

Die ÖVP-Landtagsabgeordnete Alexandra Pichler-Jessenko stand hinter dem Projekt - auch wenn es Pro und Contra gebe: „Wenn Bäume gefällt werden, dauert es, bis die nachwachsen - aber dann darf ich nie ein Projekt angehen.“ Laut FPÖ-Klubobmann Mario Kunasek sei das Projekt wichtig und gut: „Für meine Fraktion: Jawohl, wir stehen hinter diesem Projekt.“

Wiedereinstiege möglich

Die Energie Steiermark als Projektbetreiber wartet indes noch auf Partner - mehr dazu in Murkraftwerk: Energie Wien zögert (2.11.21016). Wie der Landesenergieversorger gegenüber Radio Steiermark am Dienstag bestätigte, prüfe die Wien Energie nach wie vor den Einstieg in das Projekt - und der Verbund, der schon einmal ausgestiegen war, habe in einem Schreiben großes Interesse an einem Wiedereinstieg bekundet.

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