Prozess um Mord an dementer Ehefrau vertagt

In Graz ist am Dienstag ein Pensionist wegen Mordes an seiner demenzkranken Frau vor Gericht gestanden. Er zeigte sich umfassend geständig, während seine Tochter auf Schadenersatz klagte. Der Prozess wurde vertagt.

„Wir verhandeln hier heute eine menschliche Tragödie“ sagte der Verteidiger des Pensionisten. 48 Jahre lang war das Ehepaar verheiratet, drei Kinder hatten die beiden gemeinsam großgezogen. Doch die letzten Jahre war die Frau nach einer Hirnhautentzündung schwer dement gewesen: „Sie hat mich nicht mehr erkannt, nach mir geschlagen und gefragt, wo sie ist“, sagte der 70-Jährige: „Ich fahre dich nach Hause, habe ich dann zu meiner Frau gesagt.“

Dann schilderte er auf die Fragen der Richterin, wie er die Kopfstützen auf beiden Seiten abmontierte und mit 100 km/h und seiner Frau auf dem Beifahrersitz gegen ein leer stehendes Kellerstöckel fuhr. Zunächst überlebten beide, zwei Monate später erlag die Frau ihren Verletzungen. Ein Gerichtsmediziner soll die genaue Todesursache klären, verfügte die Richterin. Ein Termin für die Fortsetzung der Verhandlung stand noch nicht fest.

Pensionist zeigte sich geständig

Auf die Frage nach dem Warum zu seiner Tat, antwortete der Mann: „Sie ist von heute auf morgen schlechter geworden. Ich habe es als Erlösung gesehen, wenn wir nicht mehr wären“ - und: „Ich habe nicht gehofft, dass einer übrig bleibt.“ Selbst der Staatsanwalt sprach davon, dass der Angeklagte mit der Pflege seiner demenzkranken Frau überwiegend allein war - aber auch davon, dass er absichtlich handelte und den Todesplan Tage zuvor gefasst hatte. Zwei Gutachter halten ihn für zurechnungsfähig. Der Pensionist zeigte sich vor Gericht umfassend geständig.

Er wählte einen Sonntag und ein leer stehendes Kellerstöckel aus, um andere nicht zu gefährden. „Bei aller psychischen Belastung hat aber niemand das Recht, dem anderen das Leben abzusprechen“, so der Staatsanwalt. Der Verteidiger schilderte daraufhin ausführlich, wie die Pflege der Frau in vier Jahren für den Angeklagten immer schlimmer wurde, wie sie Betreuerinnen aus dem Haus gejagt habe: „Ich habe nicht mehr weitergewusst“, so der 70-Jährige.

Tochter fordert Schadensersatz

Zweimal habe er einen Termin im Pflegeheim gehabt. Die Frau wollte aber nicht mitkommen, sagte der Mann aus. Seine Tochter war anderer Meinung: Der Vater hätte alle Versuche, eine Betreuung für die Mutter zu organisieren, abgelehnt. Nun fordert sie 9.000 Euro Trauerschmerzensgeld vom Vater.

Der 70-Jährige sei „ein sehr strenger Mensch, der will, dass man seine Wünsche erfüllt“, beschrieb die Tochter den Beschuldigten. Als die Situation ihrer dementen Mutter 2012 schlechter geworden sei, habe sie angeboten, eine Pflegerin oder eine Tagesbetreuung in einem Heim für die Mutter zu suchen. Das lehnte ihr Vater ab, im Tagesheim seien „lauter Depperte“, soll der Angeklagte gesagt haben.

„Ihr habt’s mir nie angeboten, dass ihr mir helft’s“

„Er wollte, dass ich zu ihm ziehe und die Mutter betreue, aber das ging nicht“, sagte die Zeugin, die selbst eine Familie hat. Sie wohnt gleich neben den Eltern, das Verhältnis wurde aber immer gespannter. „Er ist wegen jeder Kleinigkeit wütend geworden, und ich wollte nicht immer streiten.“ Schließlich bekam sie einen Brief vom Anwalt, weil der Vater die Übertragung des Hauses, in dem die Eltern nur mehr das Wohnrecht hatten, rückgängig machen wollte. Eine Mediation half nicht wirklich, wurde aber von der Familie zumindest versucht.

Nach dem Unfall soll der Vater zur Tochter im Spital gesagt haben: „Das habe ich schon lange geplant, das ist ja kein Leben.“ Der Verteidiger wollte wissen, ob die Zeugin ihren Vater tatsächlich unterstützt - zum Beispiel gekocht, Wäsche gewaschen oder eingekauft hätte. „Nein“, antwortete die Frau, sie sei als Versicherungsmaklerin tätig und habe sehr unregelmäßige Arbeitszeiten. Außerdem hätte der Vater sowieso nie Hilfe angenommen. Der Angeklagte sah das anders: „Ihr habt’s mir nie angeboten, dass ihr mir helft’s“, war sein Kommentar zur Aussage der Tochter.