Lücke im Strafrecht nützt Murkraftwerks-Gegnern

In Bezug auf die Protestaktionen gegen das Murkraftwerk hat sich eine Lücke im Verwaltungsstrafrecht aufgetan, die manchen Aktivisten zugutekommt: Wer widerrechtlich auf dem Gelände war, ohne sich auszuweisen, kommt leicht davon.

Mit Rodungen begannen die Vorbereitungsarbeiten für den Bau des Murkraftwerks - mehr dazu in Murkraftwerk: Rodungen haben begonnen (6.2.2017). Immer wieder wurden diese Arbeiten gestört - mehr dazu in Kraftwerksgegnerin hielt sich an Seil über Mur (9.2.2017); am Freitag musste ein Protestcamp von der Polizei geräumt werden - mehr dazu in Murkraftwerk: Protestcamp geräumt, und auch am Mittwoch wurde die Baustelle besetzt - mehr dazu in Murkraftwerk: Aktivisten besetzten Baustelle (15.2.2017).

Laut dem Grazer Stadtpolizeikommandanten Kurt Kemeter sind Polizeibeamte, die jemanden bei einer Verwaltungsübertretung auf frischer Tat - wie etwa beim Betreten der Murkraftwerk-Baustelle - ertappen, dazu berechtigt, die Person vorläufig festzunehmen, wenn sie sich nicht ausweist. Die maximale Anhaltedauer beträgt 24 Stunden. Dann sind die Personen freizulassen.

Geringe Summen, leichtes Umgehen

Das Problem: Die Polizei hat auch nach der Freilassung keine Ahnung, wer diese Menschen sind. Eine weitere Verfolgung ist de facto sinnlos, wie Kemeter zu denken gibt: „Man kennt die Person nur von ihrem Aussehen her. Wenn keine weiteren Anknüpfungspunkte da sind, gestaltet sich die Ausforschung der Person, ihrer Identität, schwierig.“

Murkraftwerk-Baustelle besetzt

ORF

Auch am Mittwoch hatten wieder zahlreiche Aktivisten die Murkraftwerk-Baustelle betreten - widerrechtlich und vermummt

Aber auch wer sich ausweist und eine Verwaltungsstrafe für das widerrechtliche Betreten der Baustelle des Murkraftwerks zahlen muss, steht nicht vor dem finanziellen Ruin: Es geht um relativ geringe Summen, die bezahlt werden müssen. Doch selbst diese an sich harmlose Klippe umschiffen aufgrund der oben beschriebenen Rechtslücke immer mehr Rechtskundige - sie weisen sich nicht aus, geben ihre Identität nicht bekannt.

Lücke mit teils gravierenden Folgen

Gravierender wirkt sich diese Lücke im Verwaltungsstrafrecht bei betrunkenen Radfahrern aus, die ebenfalls nicht bereit sind, sich auszuweisen: „Theoretisch wäre es natürlich möglich, dass hier ein Radfahrer alkoholisiert mit dem Rad unterwegs ist und sich weigert, seine Identität preiszugeben. Dann würde das bedeuten, dass er zwar 24 Stunden in Haft wäre, aber eine Verfolgung seiner Person - wo eine Mindeststrafe von 1.600 Euro vorgeschrieben ist - wäre dann sehr schwer möglich“, so der Stadtpolizeikommandant.

Diese Phänomene zeigen sich laut Kemeter hauptsächlich in größeren, Anonymität bietenden Städten, seien zahlenmäßig nicht so hoch, aber trotzdem unbefriedigend für die Polizei.