Kritik an Pflegesystem: Land verspricht Hilfe

Nach dem Schuldspruch für einen Oststeirer, der mit der Pflege seiner Frau überfordert war, steht das Pflegesystem unter Kritik. Das Land hat reagiert und verspricht bald mehr Unterstützung für pflegende Angehörige.

Von einem „Extremversagen des Pflegesystems“ sprach Gerichtsgutachter Manfred Walzl nach dem Prozess gegen einen Mann, der mit der Pflege seiner demenzkranken Frau überfordert war und sie deshalb umbringen wollte. Viele pflegende Angehörige würden sich laut Experten in Österreich im Stich gelassen fühlen - mehr dazu in Versuchter Totschlag: Oststeirer verurteilt sowie in Viele Pflegende überfordert: System unter Kritik.

Mehr Informationen gefordert

Pflegende Angehörige würden vor allem bei der Pflege zu Hause vom System alleine gelassen, sagt Gerichtsgutachter Walzl. Ähnlich sieht das Patientenanwältin Renate Skledar - das beginne bereits bei der Aufklärung, sagte sie: „Wir haben in Graz die Pflegedrehscheibe im geriatrischen Gesundheitszentrum - da bekommen die Leute alle Informationen. Es ist ein sehr aktives Vorgehen der Betroffenen notwendig. Man müsste vielmehr von Seiten des Landes, aber auch des Bundes vielleicht beim Pflegegeld den Leuten Informationsmaterial zur Verfügung stellen, was sie alles in Anspruch nehmen können.“

Mit Situation oft überfordert

Unterstützung für pflegende Angehörige gibt es auch etwa bei Caritas und Volkshilfe: Letztere beispielsweise informiert bei Angehörigen-Stammtischen in den Regionen, die Caritas direkt in ihren regionalen Kompetenzzentren.

Dabei sei laut Petra Prattes, Bereichsleiterin für Betreuung und Pflege bei der Caritas, immer wieder zu bemerken, „dass der Notstand der Pflege ganz plötzlich eintritt, sagen wir Schlaganfall und die Folgen, dass man sich darauf nicht einstellen kann. Man beschäftigt sich mit der Thematik erst, wenn man ganz massiv betroffen ist. Dann ist man schon überfordert mit der Situtation, und dann soll man sich noch Informationen holen und schauen, wie das alles funktionieren kann“.

Entlastung wäre dringend geboten

Darüber hinaus hätten pflegende Angehörige kaum Zeit, einmal durchzuschnaufen, sagt die Geschäftsführer-Stellvertreterin in der Volkshilfe Steiermark, Brigitte Schafarik: „Wir brauchen die Möglichkeit, dass Kolleginnen im Bereich der Hauskrankenpflege länger vor Ort anwesend sind, damit die Angehörigen Dinge erledigen können, zum Friseur gehen können, eventuell auch einen Halbtagsjob machen können und nicht rund um die Uhr für ihre Familienmitglieder verantwortlich sind.“

Drexler verweist auf anstehende Maßnahmen

Auch der zuständige Landesrat Christopher Drexler (ÖVP) will die Kritik am Pflegesystem ernst nehmen, verweist aber auf den „Pflegebedarfs- und Entwicklungsplanplan 2020“, der auch Erleichterungen für pflegende Angehörige vorsieht, wie etwa „Case & Care-Manager“ in den Bezirken, nach Vorbild der Grazer Pflegedrehscheibe.

Manager und Tageszentren

„Wir sind hier im Zusammenwirken von Personalressort und dem Pflegeressort dabei, diese Manager zu etablieren - ich hoffe, dass uns hier heuer bereits die ersten Schritte gelingen - wie wir natürlich auch den Bereich von Tageszentren - also Betreuung und Pflege tagsüber - verstärken wollen, weil auch das zur Entlasung von pflegenden Angehörigen dienen kann. Alles natürlich, muss ich einschränkend sagen, im Rahmen der budgetären Möglichkeiten des Landes.“ Er hoffe jedenfalls, „dass pflegende Angehörige schon deutlich vor 2020 durch neue Angebot in eine bessere Lage versetzt werden.“

Ball an Bund weitergespielt

In Anbetracht der steigenden Zahlen zu pflegender Menschen müsse man sich aber auch über die Finanzierung Gedanken machen, sagt Drexler. Mehrere Vorschläge dazu seien bereits auf dem Tisch; diesen müsse man sich spätestens in der nächsten Legistlaturperiode auf Bundesebene stellen.