Frankreich-Wahl: „Auftrieb für Europa“

Der erste Durchgang der Präsidentschaftswahl in Frankreich zeigt für den Grazer Europarechtler Hubert Isak, dass Rhetorik alleine keine Probleme löst. Er sieht im Wahlergebnis eine Chance für die Europäische Union.

Der parteilose Emmanuel Macron und Marine Le Pen vom rechten Front National schafften beim ersten Durchgang der französischen Präsidentschaftswahl den Einzug in die Stichwahl. Auffallend beim Wahlergebnis von Sonntag ist nicht nur, dass die Traditionsparteien chancenlos waren, sondern auch, dass mit Macron ein pro-europäischer Politiker die meisten Stimmen bekam; er gilt auch als der aussichtsreichere Kandidat für die Stichwahl – mehr dazu in Macron ist Favorit (news.ORF.at).

Emmanuel Macron Frankreich

APA/AFP

Emmanuel Macron

Umkehr im Bewusstsein der Menschen

In vielen europäischen Staaten sorgte in den vergangenen Jahren eine anti-europäische Haltung immer wieder für Wählerstimmen. Trotz vieler Versäumnisse der Europäischen Union zeige das Ergebnis der Wahl in Frankreich aber, dass es eine leichte Umkehr im Bewusstsein der Menschen gibt, sagt Hubert Isak, stellvertretender Leiter des Instituts für Europarecht an der Karl-Franzens-Universität Graz.

„Ich glaube, inzwischen ist eine gewisse Besinnung oder Beruhigung eingetreten. Das heißt, keines der Probleme ist bisher gelöst, aber irgendwie setzt sich, glaube ich, bei den Leuten die Erkenntnis durch, nur mit Rhetorik alleine sind diese Probleme auch nicht zu lösen“, sagt der Europarechtler.

Frankreich als EU-Unterstützer wichtig

Dieser Eindruck stimmt Isak optimistisch: „Wenn wir Frankreich als Unterstützer für den europäischen Prozess verlieren, wird es tatsächlich kritisch.“ Macron habe durch seinen klaren Positionsbezug und seinen nüchternen, sachlichen Zugang zum Thema Europa gepunktet - darin sieht Isak auch den Schlüssel zu einer Stärkung der EU: „Davon bin ich fest überzeugt – vielleicht ist es ein bisschen naiv von mir, daran zu glauben – aber ich denke, es ist wirklich der einzige Weg, weil die Rhetorik und die vielen Versprechungen, die führen ja wirklich nirgends hin.“

„Fokus auf Nationalstaat funktioniert nicht“

Von einer vollkommenen Trendwende zu sprechen, sei noch zu früh; laut Isak werde sich aber zeigen, dass der Fokus auf den Nationalstaat auf lange Sicht gesehen nicht funktioniert: „Ich denke, das, was wir Europäer jetzt mit Amerika beobachten – dort ist das ja bis zum Exzess betrieben worden in der Wahlwerbung ‚America first‘ – auch dort wird sich ziemlich bald zeigen, dass das so nicht funktionieren wird. Und dann werden die Europäer vielleicht auch sagen, so toll ist das mit dem Nationalismus vielleicht doch nicht.“

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