Vizekanzler und Kanzler auf Steiermarkbesuch
Der Vizekanzler in der Ausbildungsstätte und den Werkstätten - von der Buchbinderei bis zur Kfz-Werkstätte - der Vizekanzler, der ja auch Justizminister ist, in einer Zelle: Fotomotive gab es genug, als Wolfgang Brandstetter die Justizanstalt Karlau besuchte.
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„Das ist nicht nur Einsperren"
In erster Linie war er aber hier, um die Arbeit der Justizwachebeamten zu loben: „Das ist nicht nur Einsperren, Wegsperren, Verwahren, das ist viel mehr: Das ist mit den Menschen, die hier inhaftiert sind, und die auf ein Leben in Freiheit vorbereitet werden sollen, zu arbeiten, persönlich zu arbeiten, sie zu vernünftigen Tätigkeiten im Bereich der Ausbildung, aber auch im Bereich der Arbeitsmöglichkeiten zu motivieren. Wir sind verpflichtet, Arbeitsmöglichkeiten zu bieten, weil das das Um und Auf ist bei der Resozialisierung“, so Brandstetter.
Der Vizekanzler in der Steiermark
Neben dem Karlau-Besuch stehen am Dienstag noch ein Treffen mit Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP), ein Besuch beim Maschinenbauer AVL List - und auch im Grazer Puch-Museum (Brandstetter hat selbst einen Puch 500) - sowie am Abend der Pfingstdialog im Schloss Seggau auf Brandstetters Agenda.
Insgesamt neun verschiedene Lehrberufe werden in der Karlau angeboten - vom Koch über den Maurer bis hin zum Tischler. Arbeit ist ein wesentlicher Faktor für ein selbstbestimmtes Leben - auch nach dem Strafvollzug, sagte der Grazer Sozialstadtrat Kurt Hohensinner (ÖVP), der den Vizekanzler begleitete und auf den Wirtschaftsfaktor Karlau hinwies.
630.000 geleistete Arbeitsstunden
So hätten die Insassen im letzten Jahr 630.000 Arbeitsstunden geleistet: „Wenn man das auf die Insassen aufrechnet, sind das 3,3 Arbeitsstunden pro Hafttag. Im internationalen und nationalen Vergleich ist das eine sehr hohe Beschäftigungquote. Durch die Insassenarbeit wurden 2016 Einnahmen in der Höhe von 1.143.644 Euro erwirtschaftet.“
Das wird in Zukunft noch mehr werden: Im Juni starten die Justizanstalten mit ihrer Internetvertriebsplattform jailshop.at - da wird es zum Beispiel auch Keramik- und Holzprodukte zu erwerben geben, die in der Karlau produziert werden.
Radikalisierung als Herausforderung
Eine große Herausforderung in den Justizanstalten ist dagegen Radikalisierung und Deradikalisierung in Haft: „Während zwischen 2002 und 2013 nur vier Personen wegen der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung in Strafhaft waren, zählen wir heute 65 Strafgefangene, die diesbezüglich inhaftiert wurden“, erläuterte Brandstetter. Aber die Justiz habe das Problem früh erkannt und eine Vielzahl an Maßnahmen eingeleitet: „Wir halten die Kontrolle über unsere Gefängnisse.“
„Geduld noch nicht zu Ende“
Ein bisschen Wahlkampf durfte am Dienstag natürlich auch nicht fehlen: Weil beinahe zeitgleich Kanzler Christian Kern (SPÖ) einen Auftritt in der Stadthalle hatte und die Journalisten rasch weiterziehen mussten, musste das eigentliche Karlau-Programm umgeworfen werden.
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Angesprochen darauf, ob nach der Missstimmung rund um den gestrigen Ministerrat seine Geduld ähnlich endenwollend sei wie jene des SPÖ-Bundeskanzlers Christian Kern, meint Brandstetter: „Nein, nein - und seine sicher auch nicht, Sie werden sehen. Und einen lieben Gruß an ihn!“
Kanzler und Vizekanzler treffen aufeinander
Gerne - denn nur ein paar Minuten später trifft Kanzler Kern im Messecongress ein und erwidert die Grußbotschaft schmunzelnd: „Naja, wir stehen in regelmäßigem Kontakt - ich tu das schon lieber persönlich.“
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Das passierte früher als gedacht - doch zunächst hielt Kern einen Kurzvortrag im Rahmen der Papier- und Zellstoffindustrie-Tagung. Inhaltlich ging es um internationale Wettbewerbsfähigkeit, Standort-Sicherung und Arbeitsplätze: „Da sind wir bereit, Arbeitsplätze, die Wirtschaft, zu fördern - und ich denke, das ist eine gute Basis, damit dann endlich auch diese Verbesserungen bei den Menschen ankommen“, so Kern. Auf dem Weg zum nächsten Termin trifft Kern dann tatsächlich auf Brandstetter, der seinerseits auch die Tagung besucht.