Straflandesgericht Graz unter neuer Führung

Das Straflandesgericht Graz hat seit Montagvormittag offiziell eine neue Führung. Caroline List wurde bei einem Festakt in ihr Amt als neue Präsidentin des Landesgerichtes eingeführt. Sie ist die erste Frau in diesem Amt.

Caroline List Amtseinführung Präsidentin Straflandesgericht Graz

ORF.at

Caroline List ist die erste Frau an der Spitze des Präsidialamtes des Straflandesgerichtes Graz

Mit einem Festakt im großen Schwurgerichtssaal wurde Caroline List Montagmittag in ihr Amt offiziell eingeführt. An dem Festakt nahmen Vizekanzler und Justizminister Wolfgang Brandstetter, weitere Spitzen der österreichischen Justiz sowie Vertreter aus Politik und Zivilgesellschaft teil.

Chorgesang und lobende Worte

Gerührt zeigte sich die leidenschaftliche Sängerin Caroline List beim Auftritt ihrer Kolleginnen des Ursulinen-Absolventinnen-Chors „Resurrexit“. Danach wurde sie durch den Präsidenten des Oberlandesgerichtes Graz, Manfred Scaria offiziell zur neuen Präsidentin des Straflandesgerichtes ernannt. Er bezeichnete sie als „besonders engagierte und ehrgeizige Person, die immer besonderes Interesse am Funktionieren des Gesamtbetriebes und der Außenwirkung der Justiz gehabt hat.“

Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) betonte die Umsichtigkeit der neuen Präsidentin. Es sei imponierend, dass sie sich auch im Bereich der Kunst und Kultur und insbesondere im Bereich des Sozialen mit Gerechtigkeit engagiere. Vizekanzler und Justizminister Wolfgang Brandstetter sagte im Rahmen des Festaktes, Graz sei ein guter Boden für die Justiz. Caroline List habe den Blick für das Ganze und ein hohes Maß an sozialer Kompetenz.

Mitarbeitergesundheit als Schwerpunkt

Als erste Frau im Präsidialamt möchte List im Straflandesgericht vor allem dem Thema „Mitarbeiter-Gesundheit“ mehr Stellenwert geben: „Ich denke, dass Richter sein eine ganz, ganz harte Arbeit ist. Man ist täglich mit sehr unangenehmen Sachverhalten konfrontiert. Man muss über lange Freiheitsstrafen entscheiden, man hat es nicht immer mit dem einfachsten Publikum zu tun. Es bedarf daher auch einer guten Vorsorge für die gesamte Gesundheit. Ich möchte versuchen, junge Kollegen, oder solche die gerade Probleme haben, zu unterstützen einzusteigen oder einen Neuanfang zu machen.“

Caroline List Amtseinführung Präsidentin Straflandesgericht Graz

APA/Erwin Scheriau

Caroline List bei der Amtseinführung

Erste weibliche Richterin am Landesgericht Graz

Caroline List wurde im Juli 1964 in den USA geboren. Vater und Mutter stammen aus Graz. List studierte Rechtswissenschaften an der Karl-Franzens-Universität Graz, ist verheiratet und Mutter von zwei Töchtern. 1993 wurde List zur ersten weiblichen Richterin des Straflandesgerichtes Graz ernannt. Im Jahr 2000 übernahm sie die Hauptverhandlungsabteilung mit Spezialzuständigkeit für Verbrechen gegen die Sittlichkeit. 2003 wurde sie zur Richterin des Oberlandesgerichtes ernannt.

Starkes Engagement für Missbrauchsopfer

Abseits ihrer richterlichen Tätigkeiten gründete Caroline List den Verein „Interdisziplinäres Forum gegen sexuellen Missbrauch“. In diesem Bereich engagiert sich List stark, sie hielt viele Vorträge und Fortbildungsveranstaltungen zum Thema sexueller Missbrauch. Weiters war List mehrere Jahre stellvertretende Obfrau des Vereis „Hilfe für Eltern und Kinder“ und Mitglied der Opferschutzkommission des Landes Steiermark für die Entschädigung von minderjährigen Opfern von Gewalt und Missbrauch in Erziehungseinrichtungen des Landes, sowie der Kommission für minderjährige Opfer sexueller Gewalt durch Angehörige der katholischen Kirche. Sie wurde dafür auch mit dem Goldenen Verdienstzeichen der Republik ausgezeichnet - mehr dazu in Missbrauch: Acht Mio. Euro genehmigt (wien.ORF.at; 16.4.2012).

Immer mehr große Verfahren als Herausforderung

Im Zusammenhang mit ihrer Bestellung zur Präsidentin des Straflandesgerichtes Graz sagte List, sie übernehme ein „gut bestelltes Haus“. Probleme sieht sie vor allem in der akuten Raumnot und in der steigenden Zahl an großen Gerichtsverfahren. Das bedeute einen „riesigen Verhandlungsaufwand“ für die Richter. Die starke Zunahme dieser Prozesse führt List darauf zurück, dass "die Gesellschaft viel komplexer geworden ist. „Wir hatten früher keinen Jihadismus, der ist auch nicht importiert, das sind Menschen, die hier integriert waren und sich einer politischen Richtung zugewandt haben, die für das Staatsgefüge gefährlich ist.“ Dass solche Verbindungen wie die Staatsverweigerer überhaupt entstehen, komme für sie aus einer ähnlichen Einstellung, nämlich, dass man den Staat nicht mehr ernst nehme, so List.