Kuhattacken: Wer trägt die Verantwortung?

In den vergangenen Tagen sind mehrere Wanderer von Kühen attackiert und verletzt worden. Aus juristischer Sicht sind diese Fälle seit zehn Jahren klar, was sich aber durch einen aktuellen Zivilrechtsfall ändern könnte.

Ein Urlauberehepaar aus Deutschland wurde am Montag auf der Turracher Höhe von einer Kuhherde attackiert und überrannt; dabei wurde die Frau schwer verletzt - mehr dazu in Von Kuhherde überrannt: Frau schwer verletzt. Und erst am Sonntag wurden drei Wanderer von einer Kuhherde auf dem Kärntner Nassfeld attackiert - mehr dazu in Kuhattacke: Drei Verletzte am Nassfeld (kaernten.ORF.at).

Mehr Wanderer und neue Art der Landwirtschaft

Dass eine Alm kein Streichelzoo ist, sollte eigentlich bekannt sein, dennoch kommt es immer wieder und immer öfter zu Unfällen - mehr Wanderer und eine neue Art der Landwirtschaft tragen dazu bei, sagt Peter Kapelari, Leiter der Abteilung Hütten, Wege und Kartografie des Alpenvereins: „Es werden vermehrt nicht Milchkühe, sondern Mutterkühe auf die Alm geschickt - die Herden sind wieder eher so, wie es bei den wilden Herden war, dass sie sich in der Herde ihre Rangordnung ausmachen und natürlich auch ihre Kälber verteidigen.“

Kühe mit Glocke auf Alm

APA/dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Eine Alm ist kein Streichelzoo

Die Landwirtschaftskammer erstellte gemeinsam mit dem steirischen Almwirtschaftsverein einen Leitfaden für das richtige Verhalten im Umgang mit Kühen:

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OGH: Schilder reichen

Da muss sie auch kein Zaun abhalten - so stellte der Oberste Gerichtshof (OGH) 2007 fest: Wanderwege und Weideflächen müssen nicht abgezäunt werden. Es genügen Schilder, sagt Horst Joschnek, Leiter der Abteilung Tierzucht in der Landwirtschaftskammer Steiermark: „Wenn die Bauern solche Schilder auf den Wegen, beim Zu- und Ausgang der Weide und auch auf markanten Stellen wie einem Parkplatz anbringen, sind sie aus der Haftung draußen. Auf den Tafeln ist die Warnung drauf, Abstand zu Weidetieren halten, Betreten und Mitführen von Hunden nur auf eigene Gefahr.“

Hunde „sind die Wölfe“

Überhaupt ist das Mitführen von Hunden die Unfallursache Nummer eins, so Kapelari: „Hunde werden von den Mutterkühen als Bedrohung empfunden - das sind die Wölfe. Meistens ist es ein Fehlverhalten des Menschen, der den Hund vorher anleint, wie es richtig gehört, dann gehen die Kühe auf den zu, und die Person probiert, den Hund zu schützen.“

Zivilrechtsklage könnte weitreichende Folgen haben

So geschehen auch 2014 im Tiroler Stubaital, wo eine deutsche Urlauberin beim Versuch, den Hund in ihren Armen zu schützen, von der Herde erdrückt wurde. Auf dem Zivilrechtsweg klagen die Verwandten der Frau derzeit 360.000 Euro ein, und das Urteil könnte weitreichende Folgen haben - konkret Wälder und Almen voller Zäune, so Kapelari, „weil es ein irrsinniger Aufwand wäre, die Wanderwege, wo ja längst ersessene Wegerechte vorhanden sind, abzuzäunen. Was wir auf keinen Fall wollen, ist, dass aus einer uralten gemeinsamen Tradition auf einmal haftungsbedingt eine - Feindschaft möchte ich nicht sagen - aber ein Widerspruch wird.“

In der Steiermark ist derzeit laut Landwirtschaftskammer kein Klagsfall nach einer Kuhattacke anhängig. Die Hinweistafeln sollen bald auch in englischer Sprache beschriftet sein.