Gleinalmtunnel: Zweite Röhre eröffnet

Seit 40 Jahren ist der Gleinalmtunnel auf der Pyhrnautobahn (A9) das verbindende Element zwischen dem Süden und dem Norden der Steiermark. Nach vierjähriger Bauzeit wurde am Freitag die neu gebaute zweite Röhre eröffnet.

Seit 5.00 Uhr ist die neue Röhre für den Verkehr freigegeben, nachdem bereits am Mittwoch die ersten Fahrzeuge einspurig zum Test durchgelassen worden waren. Mit der zweiten Röhre wurde eines der gefährlichsten Straßenstücke der Steiermark nun sicherer gemacht. Zwar wird man zunächst nur wenige Wochen beide Tunnelröhren befahren können, startet doch im September die Sanierung der alten Röhre - ab 2019 aber wird dann das letzte Nadelöhr der Pyhrnautobahn in der Steiermark beseitigt sein.

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Nach vierjähriger Bauzeit wurde die zweite Röhre des Gleinalmtunnels nun eröffnet

Freude bei Leichtfried und Schützenhöfer

Große Freude herrschte damit auch bei den politischen Verantwortungsträgern von Bund und Land. Beim Festakt betonte Infrastrukturminister Jörg Leichtfried (SPÖ) den Sicherheitsaspekt: „Es ist gerade aus Verkehrssicherheitsgründen extrem wichtig. Diese Frontalzusammenstöße, die es in Tunnels jetzt noch gegeben hat, gehören damit der Vergangenheit an. Es werden weniger Menschen verletzt, weniger Menschen sterben - ein ganz, ganz wichtiges verkehrspolitisches Ziel.“

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Brennpunkt Gleinalmtunnel

ORF-Steiermark-Reporter Helmut Schöffmann hat sich den Tunnel und seine bewegte Geschichte näher angesehen.

Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) sprach von einem historischen Tag: „Auf diesen Tunnel warten wir 39 Jahre - das ist eine Transitstrecke. Hier hat es zu viele Unfälle gegeben, aber wir sind glücklich, dass es jetzt so weit ist.“ ASFINAG-Vorstandsdirektor Alois Schedl erläuterte: „Wir haben bereits eine sehr hohe Verkehrsbelastung, dadurch auch eine hohe Unfallgefahr - immer wieder Staus, auch im Tunnel. Das wollten wir vermeiden, um die Sicherheit zu erhöhen.“

Blick in die Vergangenheit

Ein Rückblick: Am 18. August 1978 war die „Gleinalm-Autobahn“ fertiggestellt worden, und mit ihr auch das Herzstück - der 8,3 Kilometer lange Gleinalmtunnel. Der damalige Bundespräsident Rudolf Kirchschläger sprach die Eröffnungsworte: „Möge diese Straße den Menschen dienen“, sagte er - und das tat sie auch.

Die neue Route durch die Gleinalm entschärfte die gefürchtete „Gastarbeiterroute“ und verkürzte die Fahrtstrecke zwischen dem Murtal und Graz um mehr als 30 Kilometer. Dennoch blieb der Tunnel einröhrig: Für den zweiröhrigen Ausbau fehlte schlicht das Geld. Maut zahlen musste man aber auch damals schon, und das Verkehrsaufkommen stieg und stieg, besonders in der Urlaubszeit.

Schicksalsschläge und Verbindungen

Im September 1998 fing ein kroatischer Reisebus im Tunnel Feuer und brannte völlig aus - Fahrer und Passagiere konnten sich jedoch retten. Drei Jahre später, am 6. August 2001, kam es dann zu einem der bisher tragischsten Unfälle im Gleinalmtunnel: Zwei Fahrzeuge gerieten frontal aneinander - eines fing sofort Feuer.

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Ein Blick in das Innere der neuen Röhre des Gleinalmtunnels

Eine holländische Urlauberfamilie starb im Flammenmeer, nur die zehnjährige Tochter überlebte. „Ich bin hinein, hab’ das Dirndl gesehen - das Gewand war verbrannt, die Haare waren verbrannt. So ist sie gehockt und hat gewinselt“, erinnerte sich Alois Kölblinger von der Feuerwehr Übelbach heute an den Einsatz zurück.

Er war es, der das Mädchen damals aus dem Tunnel getragen und in Sicherheit gebracht hatte. Noch heute steht er in Briefkontakt mit der mittlerweile 26-Jährigen - „das ist das Größte, was einem Feuerwehrmann passieren kann, das Schönste“, erzählt er tief gerührt.

36.000 Fahrzeuge täglich

Vor knapp vier Jahren erfolgte dann der Spatenstich für den zweiröhrigen Ausbau des Gleinalmtunnels. Mehr als acht Millionen Pkws und Lkws rollen bereits jetzt jährlich durch den Tunnel - das sind bis zu 36.000 Fahrzeuge täglich.

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36.000 Fahrzeuge rollen täglich durch den Gleinalmtunnel - mit der neuen Röhre werden es einige mehr

„Diesbezüglich sind wir sehr froh, dass die neue Tunnelröhre jetzt kommt - weil einfach das Risiko jetzt viel geringer ist, weil natürlich die Sicherheitsanlage anders ist, die Sicherheitstechnik anders ist“, schildert Günther Bulla, Kommandant der Feuerwehr Übelbach.

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Projektleiter Herwig Moser (r.) zeigt ORF-Steiermark-Reporter Helmut Schöffmann einen der begehbaren Querschläge des Tunnels

Doch was kann die zweite Röhre wirklich? Projektleiter Herwig Moser präsentiert eine wesentliche Facette: einen der 26 über den Tunnel verteilten begehbaren Querschläge; acht weitere sind auch mit großen Einsatzfahrzeugen befahrbar - Fluchtwege zur anderen Röhre also, die sich alle 250 Meter finden lassen.

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Eines der „Ohren“ in der zweiten Röhre des Gleinalmtunnels

Ein Tunnel mit Ohren

Ein Überdrucksystem schützt dabei vor dem Eindringen von Rauch. Und die Röhre selbst präsentiert sich hell, mit je nach Tages- und Nachtzeit veränderbarer LED-Beleuchtung - und hat sogar Ohren: „Wir haben Mikrofone verbaut. Untypische Geräusche wie Reifenquietschen, Hupen oder Schreie werden wahrgenommen. Der Operator sieht das - und reagiert“, so Moser.

Am Freitag wurde die zweite Röhre nun offiziell eröffnet. Und dass man dabei noch schneller fertig wurde als geplant, freut nicht zuletzt den Projektleiter. Zweiröhrig geht es aber vorerst nur bis Mitte September weiter - dann wird die alte Röhre gesperrt und komplett saniert. Ab 2019 soll es dann endgültig zweiröhrig durch die Gleinalm gehen. In Summe investiert die ASFINAG in den Vollausbau 260 Mio. Euro, knapp 160 Mio. Euro kostete der Neubau der zweiten Tunnelröhre.

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