Zu wenige Kinderärzte in den steirischen Bezirken

Seit Monaten suchen Ärztekammer und GKK erfolglos nach Kinderärzten für die Steiermark. Während man in Bruck Mediziner sogar mit finanzieller Unterstützung lockt, sieht die Kammer die Gründe im veralteten Kassensystem.

Eigentlich sollte am 1. Juli eine neue Kinderärztin oder ein neuer Kinderarzt in Bruck an der Mur mit der Arbeit beginnen. Bereits im März hatte man in der Ärztezeitung die Stelle ausgeschrieben. Gemeldet hat sich seitdem allerdings niemand. Im Juni folgte dann der nächste, diesmal österreichweite, Versuch - bislang ebenfalls erfolglos.

Überbrückungshilfe angedacht

Peter Koch, der Brucker Bürgermeister, zeigt sich überrascht, wie schwierig es ist, einen Kinderarzt für seine Stadt zu finden: „Das hätte ich nicht gedacht. Aber es scheint auch so zu sein, dass in den letzten Jahren ganz einfach zu wenige Ärzte ausgebildet worden sind und jetzt im niedergelassenen Bereich - vor allem Kinderärzte - fehlen.“

Kind Arzt Kinderärztin

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Laut GKK wird es immer schwieriger, Kinderärzte für ländliche Regionen zu finden

Nun lockt Koch potentielle Kandidatinnen und Kandidaten sogar mit einer Überbrückungshilfe - „theoretisch auch finanziell. Das werde ich unseren Gremien vorschlagen. Eine Überbrückungshilfe anzubieten, scheint mit durchaus möglich, weil für uns als Bezirksstadt ist es von vitalem Interesse, dass wir einen Kinderarzt/eine Kinderärztin haben.“ Viele Eltern müssen nun mit ihren Kindern nach Leoben oder Kapfenberg ausweichen. Auch dort wird mit Jahresende wahrscheinlich ein Kinderarzt aufhören.

Schwierig, Ärzte für ländliche Regionen zu finden

Laut Auskunft der steirischen Gebietskrankenkasse werde es immer schwieriger, Kinderärzte für ländliche Regionen zu finden. Jahrelang habe man gemeinsam mit der Ärztekammer etwa für Bad Radkersburg und Murau jemanden gesucht - auch in Deutschlandsberg fehle ein zweiter Kinderarzt.

Zwar müsse die GKK den Versorgungsauftrag sicherstellen, könne aber auch niemanden zwingen, die Stelle anzunehmen. Vielen Kinderärzten sei die Infrastruktur in den Bezirken nicht gut genug oder der Verdienst zu gering, weil es auf dem Land weniger Kinder gebe als in größeren Städten.

Ärztekammer sieht Verträge als Problem

Für den steirischen Ärztekammerpräsidenten Herwig Lindner stellt der Ärztemangel ein Alarmsignal, das hoffentlich auch die Gebietskrankenkasse aufwecken solle. Laut Lindner würde die Bevölkerung in Bruck momentan die wohl schlimmsten Auswirkungen des Reformbedarfes im Kassensystem erleben.

Ärztekammer, Herwig Lindner

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Ärztekammerpräsident Lindner

Er betont: „Hier sprechen wir immerhin von der viertgrößten Stadt des Landes. Da sieht man ganz deutlich, dass das Problem nicht das Land ist, sondern der Kassenvertrag. Es ist inakzeptabel, dass es die GKK nicht der Mühe wert findet, den Kassenvertrag zeitgemäß zu gestalten, modern zu gestalten und die Arbeitsbedingungen für die Ärztinnen und Ärzte in den Ordinationen, in den Kassenvertragsverhältnissen auch wieder lebenswert zu machen.“

„Zuständige sollen über ihren Schatten springen“

Für eine nachhaltige Lösung sei es notwendig, das Kassensystem neu aufzustellen. So würde die Ärztekammer seit vielen Jahren neue Zusammenarbeitsformen zwischen Ärzten in Form von Gruppenpraxen oder Jobsharing fordern.

„Wir haben es noch nicht geschafft, mit der GKK das Jobsharing in der Steiermark umzusetzen. Aber ich appelliere hier an die Zuständigen in der GKK, über ihren Schatten zu springen und das Jobsharing mit uns zu finalisieren - aber auch andere Zusammenarbeitsformen, die es für die jüngere Generation von Ärztinnen und Ärzten auch wieder möglich machen, in einer Kassenordination zusammenzuarbeiten“, so Lindner.

Einigkeit in vielen Fragen

Beim Jobsharing, welches in Oberösterreich seit Jahren praktiziert wird, würden sich zwei oder drei Ärzte einen Kassenvertrag teilen. Seitens der steirischen GKK heißt es, dass Jobsharing-Modelle keineswegs abgelehnt werden. Aktuell würden über dieses Thema Verhandlungen mit der Ärztekammer laufen. Bei diesen sei vereinbart worden, dass die Ärztekammer bis Herbst konkrete Vorschläge zur Honorierung vorlegt. Über viele Fragen würde bereits Einigkeit bestehen.

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