Aufstehen, Krone richten, weiterspielen

Der Hype um das österreichische Fußballnationalteam der Damen ist groß. Einen direkten Vergleich zwischen Frauen- und Männerfußball zu ziehen, ist schwer - einige Unterschiede stechen trotzdem ins Auge.

Während die Herren bei der Europameisterschaft im vergangenen Jahr nicht über einen Punkt in der Gruppenphase hinauskamen, zog das Damenteam am Sonntag in beeindruckender Manier ins Halbfinale ein - mehr dazu in Spanien im Elferschießen besiegt (sport.ORF.at).

Keine Witze über Leiberltausch

Die Zeit, als man über Frauenfußball witzelte, sei dementsprechend vorbei, sagt der ehemalige Profifußballer Richard Niederbacher - der Gleisdorfer war bei Sturm, Rapid und Vienna und international in Frankreich, Belgien und Ungarn im Spitzenfußball tätig. „Früher hat es geheißen: ‚Hoffentlich tun sie Leiberln tauschen.‘ Aber momentan ist es so, dass die Damen den Herren den Rang abgelaufen haben“, so Niederbacher.

Mädchen weniger wehleidig

Der frühere Starkicker trainiert heute den Nachwuchs, darunter auch Mädchen - die gravierenden Unterschiede entgehen ihm dabei nicht: „Die Mädchen sind schmerzunempfindlicher als die Buben. Wo die Burschen liegenbleiben, jammern und heulen, wird bei den Damen aufgestanden und weitergespielt“, sagt Niederbacher.

„Mädchen sind außerdem viel ehrgeiziger als Buben. Wenn den Jungs etwas nicht gelingt, dann stecken sie den Kopf in den Sand. Die Mädels probieren so lange, bis es geht“, erzählt Robert Wagner, Jugendleiter vom SV Krottendorf, aus eigener Trainererfahrung.

Kritikfähigkeit bei Frauen höher

In dasselbe Horn stößt auch Lena Hirtl: Die 20-jährige Deutschlandsbergerin ist Schiedsrichterin und pfeift Männer- und Frauenspiele. „Für mich ist das auch der größte Unterschied. Frauen spielen quasi nach dem Motto: Krone richten, aufstehen, weiterlaufen“, sagt Hirtl. Bei den Männern sei das Tempo zwar höher, allerdings spielen Frauen genauso überlegt und taktisch klug, tragen ebenfalls Zweikämpfe aus.

Frauenteam Europameisterschaft

GEPA/Christopher Kelemen

Das österreichische Frauennationalteam

Das Spiel an sich gestalte sich bei Damenteams ruhiger als bei Herrenmannschaften: „Mir kommt vor, Frauen können Kritik und Schiedsrichterentscheidungen leichter wegstecken als Männer. Die stehen dann eine Minute neben mir, und es kommt das Gleiche raus wie bei den Frauen nach zehn Sekunden“, erzählt Hirtl.

„Damen- und Männerfußball nicht vergleichbar“

Fußball sei aber immer noch ein Männersport, vor allem was Schnelligkeit, Schusskraft, Einsatz, die Präsenz am Platz und die Härte betreffe, so Richard Niederbacher - das seien Dinge, die die Männer auszeichnen. „Es gibt auf jeden Fall verdammt gute Frauenmannschaften in Österreich. Das Nationalteam hat gegen eine Herrenmannschaft aus der Oberliga sicher eine Chance“, meint Lena Hirtl. Danach werde es aber schwierig, weil Männer körperlich stärker seien - an der Taktik liege es aber nicht.

Finanzielle Unterschiede

Geht es jedoch um Talentförderung und Sponsoring, steht der weibliche Fußball im Abseits - daran dürfte sich auch nach der EM wenig ändern. „Das ist leider so, dass die Damen noch immer vielen Seiten belächelt werden“, sagt Niederbacher.

„Man merkt bei uns im Verein, dass die Herren mehr Geld zur Verfügung haben, obwohl wir in der Liga eigentlich über den Herren sind“, sagt Veronika Staudacher, Torfrau vom SV Krottendorf. Der Männerfußball wird dort mit 170.000 Euro gefördert, die Frauen haben nur 25.000 Euro zur Verfügung. Damit seien zumindest die eigenen Kosten wie Sprit abgedeckt, ergänzt Stürmerin Mara Rechberger.

„Mehr Streit untereinander“

Ob der ehemalige Profikicker Niederbacher auch ein Damenteam trainieren würde? „Ich denk schon. Ich glaube, dass das eine schöne Aufgabe ist, aber keine einfache. Weil bei Mädchen gibt es untereinander mehr Streit als bei Buben“, so Niederbacher.

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