NR-Wahl: Gerichtsverfahren als Wahlkampfthema

SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim macht die Causa eines steirischen Arztes und Bruders eines prominenten Politikers zum Wahlkampfthema: Der Arzt steht wegen des Vorwurfs jahrelangen Quälens seiner Kinder vor Gericht.

In einer parlamentarischen Anfrage hat Jarolim nun den Verdacht „unlauterer und anmaßender“ politischer Interventionen, um Skandale zu vertuschen, geäußert. In der Causa sei „insgesamt der unerträgliche Eindruck entstanden, dass Quälen der Kinder durch politisch ‚Begünstigte‘ anders behandelt wird als im Falle ‚normaler‘ Staatsbürger“, so Jarolim.

„Massiver Druck“

Gegen den Arzt seien schon jahrelang Erhebungen geführt worden. Mittlerweile sei immerhin ein völliges Berufsverbot gegen ihn verhängt worden. Den Kindern sei aber amtliche Unterstützung untersagt worden, offenbar sei „auch sonst massiver Druck auf für die Wahrheitsfindung zuständige Stellen auszuüben versucht“ worden.

Prozess - Arzt soll Kinder misshandelt haben

APA/Erwin Scheriau

Auslöser der Anfrage:

Die Causa wurde durch das Gerichtsverfahren gegen einen steirischen Arzt im Jänner dieses Jahres öffentlich bekannt. Dieses wurde zwischenzeitig unterbrochen, um ein Gutachten einzuholen. Mittlerweile wurde der Angeklagte als zurechnungsfähig eingestuft, die Verhandlung wird am 29. September fortgesetzt - mehr dazu in Kinder misshandelt? Prozessfortsetzung im Herbst (27.7.2017). Die Staatsanwaltschaft wirft dem Steirer vor, seine - heute erwachsenen - Kinder „jahrelangen schweren Leiden“ ausgesetzt zu haben. Der Arzt hatte die meiste Vorwürfe abgestritten und ging auch medienrechtlich gegen entsprechende Berichte vor.

„Anders als durch unlautere und anmaßende politische Interventionen scheint das behördliche Fehlverhalten in dieser Skandalangelegenheit auch tatsächlich nicht erklärbar zu sein“, schreibt Jarolim unter Bezugnahme auf einen offenen Brief der Kinder an den Presserat, wo der medienethische Aspekt des Falles bereits Thema war. Darin äußern diese den Eindruck, dass ihnen wegen der Verwandtschaft zu einem Spitzenpolitiker Hilfen versagt und Fakten unterdrückt worden seien.

Keine einstweiligen Maßnahmen

Der SPÖ-Justizsprecher fragt Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) und Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP), ob es in der Causa Interventionen bzw. Weisungen gab - und warum im Verfahren keine einstweiligen Maßnahmen (etwa Wegweisungen des Angeklagten) getroffen wurden, um die Betroffenen zu schützen. Außerdem erkundigt sich Jarolim nach dem Stand des Verfahrens gegen zwei Regionalpolitiker, gegen die - nach den Vorwürfen der Kinder - wegen des Verdachts der Intervention ermittelt wurde.

Pilnacek weist Vorwürfe zurück

Eine rasche Antwort kam von Strafrechts-Sektionschef Christian Pilnacek - er weist die Vorwürfe „auf das Schärfste“ zurück. Dieses Verfahren sei „ohne jede Intervention“ verlaufen und die betroffenen Familienmitglieder hätten die Opfern zustehende psychosoziale und juristische Prozessbegleitung erhalten.

Ermittlungen noch nicht abgeschlossen

Bezüglich der Regionalpolitiker seien die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen - und daran, dass diese Ermittlungen sofort eingeleitet wurden, sehe man auch, dass „ordnungsgemäß vorgegangen“ werde. Berichtspflicht der Staatsanwaltschaft an das Justizministerium habe in diesem Fall zunächst nicht bestanden. Diese sei grundsätzlich nur bei Verfahren von besonderer und österreichweiter Bedeutung gegeben, erklärte Pilnacek.

Deshalb sei das Verfahren gegen den Arzt erst berichtspflichtig geworden, als in den Medien breit berichtet und Interventions-Vorwürfe erhoben wurden. Da sei die Sache aber schon im Stadium der Hauptverhandlung gewesen, die Staatsanwaltschaft hatte also schon einen Strafantrag gestellt.

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