Prozess um jahrzehntelange Haft beendet

Am Mittwoch ist der Zivilprozess eines Mannes, der zu Unrecht, wie er meint, seit fast 40 Jahren in Graz inhaftiert ist, gegen die Republik Österreich in Eisenstadt beendet worden. Der Ausgang war bis zuletzt unklar - das Urteil ergeht schriftlich.

Der 68-Jährige, der als Jugendlicher von Uruguay nach Österreich gekommen war, hat den größten Teil seines Lebens im Gefängnis verbracht: Vor rund 38 Jahren wurde er wegen mehrfachen Raubes und Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.

Im August 1989 brach er aus der Justizanstalt Karlau aus, war eineinhalb Wochen lang auf der Flucht - zeitweise mit einer Frau als Geisel, die er mehrmals vergewaltigte. In Klagenfurt wurde er schließlich festgenommen. Seitdem ist der Mann wieder in Graz inhaftiert.

Kampf um bedingte Entlassung

Dabei kämpft er seit Jahren um eine bedingte Entlassung. Bereits 1993 wäre sie möglich gewesen, spätestens im Jänner 2014 hätte der Mann entlassen werden müssen - sagen dessen Anwälte. Weil die Entlassung aber unterblieben ist, unterstellte der heute 68-Jährige der Justizanstalt Karlau, dem Landesgericht Graz als zuständigem Vollzugsgericht und dem Oberlandesgericht Graz rechtswidriges Verhalten.

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Seit fast 40 Jahren sitzt der 68-Jährige in Graz in Haft

Deshalb wurde eine Amtshaftungsklage gegen die Republik Österreich eingebracht - es geht um einen Schaden in der Höhe von 33.250 Euro: „Hier geht’s mir nicht ums Geld - nur darum, dass ich seit 40 Jahren im Keller der Republik leben muss. Und ich will nur ins Parterre hinaus zu meiner Frau“, so der Kläger bei dem Zivilprozess, der um 10.00 Uhr Landesgericht in Eisenstadt fortgesetzt worden war.

„Höchste Gefährdungsprognose“

Sein Anwalt übergab dem Gericht eine vom Kläger verfasste Zusammenfassung, anhand derer man die positive Entwicklung sehen könne, die sein Mandant genommen habe. Der leitende Anwalt der Finanzprokuratur bestritt das Klagsbegehren und berief sich dabei auf ein Gutachten, wonach man „von der höchsten Gefährdungsprognose für den Kläger“ ausgehen müsse.

Der Richter erkundigte sich danach, welche Resozialisierungsmaßnahmen, die für eine bedingte Entlassung erforderlich sind, nach Ansicht des Klägers durchgeführt hätten werden sollen, woraufhin der 69-Jährige mehrere Therapien auflistete, die er in den vergangenen Jahren gemacht habe - ein Gutteil davon gehe auf private Initiative zurück. Seit 2013 sei er durchgehend in Therapie gewesen. Er sei dabei auch schon einmal in eine „Entlassungsgruppe“ aufgenommen worden. Doch mittendrin habe es plötzlich geheißen: „Bis hierher und nicht weiter.“

Jahrelange Prozessdauer

Der Richter schloss schließlich nach einer Stunde die Beweisaufnahme und beendete das Verfahren. Das Urteil ergeht schriftlich. Der Prozess zog sich über eineinhalb Jahre hin - er hätte am 10. Februar 2016 in Graz stattfinden sollen, wurde jedoch vom Obersten Gerichtshof wegen einer möglichen Befangenheit abgesagt und in weiterer Folge nach Eisenstadt delegiert.

Dort wurde die erste Verhandlung im Juni des Vorjahres nach wenigen Minuten unterbrochen, weil man abwarten wollte, ob das Landesgericht in Graz dem Antrag auf bedingte Entlassung aus der Haft stattgibt oder nicht. Dieser Antrag wurde abgelehnt. Der Mann blieb daher weiterhin in der Karlau - so, wie seit knapp 40 Jahren.