Fritz Prinz: „Beste Köpfe für Erfolg entscheidend“

Erfolgreich in den USA: Der Österreicher Fritz Prinz ist Experte für Energiespeicherung an der Top-Universität Stanford. ORF-Steiermark-Chefredakteur Gerhard Koch befragte ihn zu Forschergeist und Nachwuchssorgen.

ORF Steiermark: Sie sind seit 24 Jahren Professor hier an der Stanford Universität in Kalifornien in der Nähe des Silicon Valleys - was ist das Besondere an der Philosophie dieser Universität? Es geht hier ja vor allem um das Kreieren, das Schaffen neuer Ideen?

Fritz Prinz: Das Wichtigste ist, auf die zukünftigen gesellschaftlichen Erfordernisse eingehen zu können - und das macht die jüngere Generation sehr gerne. Die junge Generation projiziert sich selbst in die Zukunft: Wie wird die Welt ausschauen in fünf, zehn oder 20 Jahren? Welche Rolle kann ich spielen? Wie kann ich mich darauf vorbereiten? Das ist ein sehr intensiver Diskussionsgegenstand unter den Studenten und zwischen den Studenten und Professoren. Und die Studenten wählen Vorlesungen aus, von denen sie glauben, dass sie sie auf diese Rolle vorbereiten können. So gesehen ist die Idee - „Wie wird die Welt in Zukunft ausschauen?“ - ein wesentlicher Driver für die Auswahl des Studiums, für die Auswahl der Konzentration, für die Auswahl des Gebiets.

Delegation in den USA

Im Rahmen eines US-Schwerpunktes unterstützt das Internationalisierungscenter (ICS) seit Anfang 2017 steirische Unternehmen beim Markteintritt und -ausbau. Im Zuge des Fokusprogrammes findet aktuell eine „Zukunftsreise“ nach Seattle, San Francisco und ins Silicon Valley statt, auf der ORF-Steiermark-Chefredakteur Gerhard Koch u.a. zu einem Kooperationsprogramm österreichischer Unternehmen mit Fritz Prinz von der Stanford Universität recherchiert hat - mehr dazu in Delegation stärkt US-Wirtschaftsbeziehungen.

ORF Steiermark: Da könnte man sagen, das Silicon Valley und die Stanford Universität in unmittelbarer Nähe haben eine perfekte Symbiose gefunden?

Prinz: Zweifellos. Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich von großer Hand geplant war, das hat sich einfach so ergeben. Aufgrund dieser Umgebung gelingt es dem Silicon Valley noch immer, die besten Köpfe an Land zu ziehen. Das ist für den Erfolg das Entscheidende. Wir bekommen die besten Köpfe aus der ganzen Welt, speziell in den letzten Jahren aus Asien, und die tragen einen wesentlichen Beitrag zur Weiterführung von neuen Ideen bei.

ORF Steiermark: Und auch einen wesentlichen Beitrag zur Finanzierung dieser Universität: Sie haben gesagt, fast eine halbe Milliarde Dollar kommt da jährlich an Spenden herein.

Prinz: In dieser Größenordnung spielt sich das ab. Wie ich angeführt habe, ist die Universität sehr großzügig, wenn heute Studenten Firmen gründen möchten, und verlangt nicht sehr viel von ihnen und hilft ihnen, ihre Unternehmen aufzubauen. Das kann einerseits durch Beratung, andererseits durch finanzielle Unterstützung passieren. Jedenfalls: Wenn die Studenten dann erfolgreich sind, fühlen sie sich verpflichtet, einen Teil ihres Vermögens an die Universität zurückzuführen, und das wird sehr erfolgreich gemacht.

ORF Steiermark: Und diese Verbindung zwischen Professoren und Firmengründern reißt auch nicht ab? Wie funktioniert das?

Prinz: Wenn Studenten und Professoren mehrere Jahre zusammengearbeitet haben, dann bildet das doch eine tiefe emotionale Basis. Die dauert oft ein Leben lang. Studenten, die bei mir vor zig Jahren studiert haben, haben mit mir nach wie vor ein sehr gutes Verhältnis, und wir verkehren sehr oft schriftlich - heutzutage natürlich über E-Mail -, aber auch über regelmäßige Besuche. Meine Studenten haben auch vor nicht allzu langer Zeit ein großes Fest für mich in Los Angeles organisiert, das mich sehr gefreut hat. Also die Verbindung rund um die Welt besteht in der Regel sehr lange.

Fritz Prinz

ORF

Fritz Prinz, Professor an der Stanford Universität in Kalifornien

ORF Steiermark: Wer sind denn die prominentesten Absolventen dieser Universität, die es im High-Tech-Bereich, der Technologie geschafft haben?

Prinz: Da gibt es Beispiele von Absolventen bei Yahoo, Google, Tesla, die sehr bekannt sind: JB Straubel, heutiger CTO von Tesla, ein sehr erfolgreicher Stanford-Absolvent, ist einer der intellektuellen Führer dieser Firma gewesen, die zweifellos noch viel vor sich hat und zweifellos durch ihre Idee die Welt verändert hat.

ORF Steiermark: Sie haben gesagt, es hat sich sehr viel verändert in den letzten Jahrzehnten. Der Drang zur Technik ist offenbar in den asiatischen Ländern größer als in Europa und hier in den vereinigten Staaten.

Prinz: Das hängt natürlich mit der Geschichte zusammen, dass die Asiaten diese Tradition, die die Europäer in der Naturwissenschaft und auch in der Technologie gehabt haben, und auch die Amerikaner, in dieser Form nicht gehabt haben. Weder die Japaner, noch die Chinesen - es sei denn, ich gehe jetzt weit zurück und sage, die Chinesen haben schon vor vielen Jahren das Schießpulver erfunden. Aber die moderne Technologie, wie wir sie heute kennen, hat in Japan erst in den letzten 30, 40 Jahren Eingang gefunden, in China eigentlich erst in den letzten 20, 25 Jahren.

ORF Steiermark: Sie kennen beide Systeme: das europäische Universitätssystem, vor allem auch das österreichische Universitätssystem, und das amerikanische. Was könnten wir in Österreich vom amerikanischen lernen?

Prinz: Ich glaube, dass beide voneinander lernen können. Ich halte nach wie vor die Grundlagenausbildung - also die Ausbildung von der Volksschule in die Mittelschule - in Österreich für sehr gut. Ich halte im Prinzip auch viele Lehrveranstaltungen in Europa für sehr gut. Was mich besonders bei der Technik besorgt - in Europa, besonders in Österreich - ist die hohe Ausfallsquote und die damit verbundenen Frustrationen, derer, die das Studium letztlich nicht zu Ende bringen. Diese Frustration sollte man umleiten können, sodass man ein Universitätssystem schafft, wo der Graduierungsgrad wesentlich höher ist als es derzeit der Fall ist, sodass die Studenten alle positiv denkend weggehen, wenn sie fertig sind, und sich dann mit positiver Erfahrung und einem Degree einbringen können.

ORF Steiermark: Sie haben gesagt, Rankings werden sehr oft belächelt - gerade im Universitätsbereich. Aber andererseits ist das eine Grundlage für die Entscheidung von Studenten: Dort will ich hin?

Prinz: Ja, das ist so eine selbst erfüllende Prophezeiung. Rankings haben zunächst wirklich nichts mit der Qualität einer Universität zu tun - nur indirekt, weil sich die Studenten danach richten. Sie nehmen diese Rankings ernster, als sie sollten. Und die besten Studenten gehen nach wie vor lieber zu den Universitäten, die die höchsten Rankings international haben.

Das Gespräch führte Gerhard Koch, Chefredakteur des ORF Steiermark

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