Kammern vor Regierungsbildung nervös

Das Sozialpartnersystem gerät mit der Aussicht auf eine äußerst kammerkritische schwarz-blaue Regierung gehörig unter Druck. Die Sozialpartner auch in der Steiermark fürchten ein drohendes Ende der Pflichtmitgliedschaft.

Als man sich Ende Juni auf einen neuen Mindestlohn einigt, scheint die angestammte Welt der heimischen Sozialpartner noch einigermaßen in Ordnung. Doch eine Nationalratswahl später - mit der Aussicht auf eine äußerst kammerkritische schwarz-blaue Regierung, die mit Hilfe der Neos die Pflichtmitgliedschaft tatsächlich abschaffen könnte - gerät das über Jahrzehnte als Erfolgsmodell gefeierte Sozialpartnersystem gehörig unter Druck, vor allem dokumentiert durch das FPÖ-Wirtschaftsprogramm von blauer Seite.

Macht und Geldverlust gefürchtet

Ein Ende der Pflichtmitgliedschaft wäre für die Sozialpartner ein gravierender Verlust an Macht und Finanzmitteln. Auch in den steirischen Kammern, wie etwa in der Arbeiterkammer, herrscht deshalb gehörige Nervosität - und es wird rhetorisch aufgerüstet.

AK-Präsident: Politik spielt mit dem Feuer

„Die Sozialpartnerschaft ist sicher nicht Geschichte, sie hat unglaubliche Erfolge aufzulisten. Die Politik, wie auch immer die nächste Regierung zusammengesetzt sein wird, ist gut beraten, die Finger davon zu lassen, diese demokratischen Einrichtungen sowohl auf der Arbeitsnehmerseite als auch auf der Seite der Betriebe nicht anzutasten. Sie spielen damit mit dem Feuer“, so Josef Pesserl, Präsident der Arbeiterkammer Steiermark. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass es weder Arbeitnehmer noch Unternehmer hinnehmen werden, dass sie sich diese Interessenvertretungen kaputt machen lassen“, so Pesserl.

„Sozialer Friede wäre gefährdet“

Verhandlungen müssten geführt werden, sagte Pesserl, aber: „Es ist eine völlige Illusion zu glauben, wenn es die Sozialpartnerschaft nicht mehr gibt, indem man die Pflichtmitgliedschaft beseitigt oder sie finanziell schwächt, dass dann die Interessensgegensätze weg sind. Sie werden dann nur woanders ausgetragen - nämlich auf der Straße. Arbeitnehmer, Betriebe, Wirtschaftsstandort und Gesellschaft würden als Verlierer hervorgehen, der soziale Friede wäre gefährdet.“

WK macht Imagekampagne

Unruhe herrscht auch in der steirischen Wirtschaftskammer: Dort versucht man unter anderem mit einer Imagekampagne in den sozialen Medien die Leistungen für die Mitglieder und die Vorteile der Pflichtmitgliedschaft hervorzuheben.

WK-Präsident mit Überlegungen zu Sebastian Kurz

„Die Sozialpartnerschaft ist mehr notwendig denn je. Dass man die eine oder andere Veränderung durchführen muss, ist keine Frage. Ich denke, wie in allen Systemen muss man mit der Leistung überzeugen. Alle Leistungen würden sich mit dem Wegfall der Pflichtmitgliedschaft ändern. In dem System haben jetzt auch die kleinsten Unternehmen eine Unterstützung. Freiwillige Mitgliedschaft würde sich nicht ausgehen“, so Josef Herk, steirischer WK-Präsident.

Ob ÖVP-Chef Kurz das auch so sieht, wisse er nicht, sagt Herk, aber: „Ich gehe davon aus, dass er nicht geboren wurde, um die Pflichtmitgliedschaft abzuschaffen.“

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