Schickhofer: „Müssen weg von Bevormundung“

Nach zweitägiger Klausur sieht SPÖ-Chef Christian Kern die SPÖ auf einem Kurs der progressiven Mitte. Der steirische SPÖ-Vorsitzende Michael Schickhofer erklärt diesen Kurs als Weg aus „einer Gesellschaft, die nur bevormunden will“.

Radio Steiermark: Herr Schickhofer, der SPÖ-Bundesparteivorsitzende hat am Dienstag in seiner Pressekonferenz gesagt, die SPÖ sei eine Partei der progressiven Mitte. Wenn ein Wähler Sie darum bittet, in zwei, drei Sätzen zu erklären was das ist - was würden Sie ihm sagen?

Michael Schickhofer

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Michael Schickhofer

Michael Schickhofer: Wir müssen weg von einer Gesellschaft, die immer nur bevormunden will, die alles bis ins letzte Detail bürokratisch regelt, hin zu einer Gesellschaft, wo sich die Menschen wieder entfalten können, kreativ sein können. Ihnen soll nicht vorgeschrieben werden, wie sie leben, denken, lieben - sondern sie müssen sich da frei entfalten können. Es ist aber auch klar, dass wir einen gewissen Wettbewerb wollen und dieser Wettbewerb fair sein muss. Der Staat hat für einen fairen Wettbewerb zu sorgen, die Sicherheit der Menschen sicherzustellen, sozialen Halt zu gewährleisten - und gleichen Zugang zu Bildung und Gesundheit.

Radio Steiermark: Jetzt sagt der Bundesparteivorsitzende Christian Kern, die SPÖ soll eine Partei für 95 Prozent der Bevölkerung - also für alle - sein. Nun wissen wir aus der Vergangenheit und aus der Erfahrung, dass Parteien, die für alle da sein wollen, durchfallen. Haben Sie nicht diese Angst?

Schickhofer: Von einer progressiven Politik profitieren 95 Prozent der Menschen. Und da gehört für mich natürlich auch dazu, dass man Chancen gibt - aber auch Leistungen für das Gemeinwohl einfordert.

Radio Steiermark: Was meinen Sie mit „Leistungen für das Gemeinwohl einfordern“? Was verstehen Sie darunter?

Schickhofer: Das heißt für mich ganz einfach, wenn wir dieses Netz geben, dass keiner irgendwo den sozialen Rückhalt ganz verliert, es für mich selbstverständlich ist, dass - wenn Arbeit da ist und der Mensch fähig ist, sie zu machen - diese dann auch in Anspruch genommen wird.

Radio Steiermark: Wenn ich Ihre Interpretation richtig verstanden habe, dann hat darin sowohl die sogenannte Doskozil-Position als auch die sogenannte Häupl-Position Platz, von denen Kern ja sagt - zumindest von einer meint er es -, dass er sie nicht verstanden habe. Haben Sie sie verstanden?

Schickhofer: Naja, wir haben ja eine sehr offene Diskussion geführt und damit diesen Prozess der progressiven Mitte auch entwickelt. Wir sind eine Partei für alle Menschen in Österreich - wir haben natürlich die Zielsetzung, für Stadt und Land da zu sein, und dieses progressive Projekt - aus meiner Sicht sozial-liberale Projekt - hat auch Chancen auf Erfolg. Es ist ein unmittelbares Anschließen an die Kreisky’sche Tradition, weil Kreisky hat ja gerade den Begriff der Leistung geprägt. Kreisky hat gesagt, wir sind eine Partei der Sicherheit. Einige Jahrzehnte später braucht es eine neue progressive Definition davon.

Das Interview führte Günter Encic, Radio Steiermark

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