Erpressung: „Staatsverweigerer“ verurteilt
Beide Angeklagten wirkten gebildet, drückten sich vor der Richterin sehr gewählt aus. Er ist gelernter Koch und jetzt Geschäftsführer einer IT-Firma, sie eine Ballett- und Tanzpädagogin. Er bekam Anfang des Jahres ein Organstrafmandat in der Höhe von 50 Euro wegen Schnellfahrens, sie konnte ihren Wohnungskredit wegen der Schweizer-Franken-Entwicklung nicht mehr regelmäßig zurückzahlen.
Dann kam den beiden die Idee, die Bezirkshauptmannschaft und eine Grazer Bank zu erpressen. In diversen Internetseiten stießen sie dann auf die Einstellungen der sogenannten „Staatsverweigerer“: Unter anderem ist im Netz davon die Rede, dass jeder Mensch auf der Welt ein eigenes Treuhandkonto besitzt, auf dem sich Geld befindet.
Formulare aus dem Internet ausgeschickt
Daraufhin luden sich die Steirer professionell gestaltete Formulare herunter und schickten das erste an einen Bezirkshauptmann. Darin forderten sie ihn auf, die Strafe wegen Schnellfahrens von diesem angeblichen Treuhandkonto abzubuchen bzw. das Verwaltungsstrafverfahren überhaupt einzustellen. Andernfalls drohten sie ihrerseits mit Geldstrafen in Millionenhöhe und damit, den Bezirkshauptmann in das amerikanische Schuldenregister einzutragen.
Das gleiche Schreiben schickten sie dann an die Bank - allerdings mit der Forderung den Kredit zu streichen oder günstigere Konditionen anzubieten: „Ich wollte einfach, dass der Kredit weg ist“, so die Angeklagte, „wir haben nicht über die Konsequenzen nachgedacht, wir wollten nie jemanden wirklich finanziellen Schaden zufügen“, ergänzte ihr Lebensgefährte.
„Alles ein kompletter Blödsinn“
Eine Eintragung in das amerikanische Schuldenregister kann aber im wirklichen Leben schwerwiegende Folgen für den Betroffenen haben: Wer in diesem Verzeichnis aufscheint, dem kann einerseits in den USA und in Europa die Kreditkarte entzogen werden. Außerdem bekommt er nirgendwo mehr einen Kredit.
Doch das sei ihnen nicht bewusst gewesen, „das war alles ein kompletter Blödsinn“, geben die beiden zu. Sie hatten sich bei dem betroffenen Bezirkshauptmann und auch der Bank zuvor bereits schriftlich für alles entschuldigt - „wir wollen mit all dem nichts mehr zu tun haben“, beteuern sie.
Acht Monate Haft, 960 Euro Strafe
Das Paar zeigte sich voll geständig und ist unbescholten. Beide wurden zu jeweils acht Monaten bedingter Haft und 960 Euro Geldstrafe verurteilt. Beide nahmen das Urteil an - es ist allerdings noch nicht rechtskräftig weil der Staatsanwalt keine Erklärung abgab.
Prozess in Kärnten vertagt
Auch in Kärnten hätte am Dienstag ein 39 Jahre alter „Staatsverweigerer“ vor Gericht stehen müssen: Er soll Beamte des Bezirksgerichts Murau und des Landesgerichts Leoben mit Schuldeintragungen in den USA gedroht haben. Daneben hatte der Mann auch angekündigt, dass er Geld verlangen würde: 100.000 Euro wollte er pro Tag in Rechnung stellen, falls die Betroffenen weiterhin Amtshandlungen gegen ihn unternehmen würden.
Der Prozess wurde jedoch bereits nach kurzer Zeit vertagt, weil der Angeklagte nicht zur Verhandlung gekommen war. Der Prozess findet am Landesgericht Klagenfurt statt, da man den Anschein jeglicher Befangenheit von vornherein ausschließen wollte. Zur nächsten Verhandlung soll der 39-Jährige von der Polizei vorgeführt werden.
Fälle häufen sich
In letzter Zeit häufen sich die Termine von sogenannten „Staatsverweigerern“ vor österreichischen Gerichten - mehr dazu in Urteil: Sechs Monate Haft für „Staatsverweigerer“ (2.10.2017) und Prozesse gegen „Staatsverweigerer“ in Sicht (28.7.2017). ´
Am Straflandesgericht Graz wird derzeit auch noch gegen weitere sogenannte „Staatsverweigerer“ ermittelt; ob und wenn ja, gegen wie viele von ihnen Anklage erhoben wird, ist unbekannt. In den vergangenen Monaten gab es unzählige Razzien und Verhaftungen von „Staatsverweigerern“ - mehr dazu in Weitere „Staatsverweigerer“ festgenommen (30.5.2017) und 20 „Staatsverweigerer“ derzeit noch in U-Haft (6.5.2017).