Mit Image und Bildung gegen Fachkräftemangel

Viele Betriebe haben Probleme, Facharbeiter zu bekommen. Bei einer Expertendiskussion am Dienstag in Graz ging es um die Fragen, wie man diesem Trend entgegenwirken kann und was Politik und Wirtschaft dazu beitragen können.

In der Steiermark gibt es rund 11.000 15-Jährige - sie stehen vor der Entscheidung Lehre oder Schule. Auf der anderen Seite braucht das Land Fachkräfte - darin sind sich Experten aus Industrie und Wirtschaft einig: Einerseits gibt es immer weniger Kinder, andererseits scheint aber auch das Image des Lehrberufes für viele wenig attraktiv zu sein.

Knill: Lehre „gleichwertige Option“

Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung Steiermark, klagte bei der ÖVP-Steiermark-Diskussionsreihe „Dienstalk“, dass in der Steiermark 2.000 Fachkräftestellen nicht besetzt werden könnten. Die Lehre sei keine Einbahnstraße und dürfe nicht als zweite, sondern müsse als gleichwertige Option zur AHS-Ausbildung gesehen werden. Die Meinung, mit einem Lehrberuf ein schlechteres Einkommen zu erzielen, teilt Knill jedenfalls nicht: „Ein Industrielehrling in der Papierindustrie verdient im vierten Lehrjahr 1.820 Euro brutto - das ist ein schönes Starteinkommen.“

Salcher: Frühestmögliche „Talenterfassung“

Andreas Salcher, Bildungsexperte und im Expertenteam der ÖVP bei den laufenden Koalitionsverhandlungen, sieht das Problem des Fachkräftemangels im Schulsystem: Dieses sei seit Jahrzehnten unverändert, die Zusammensetzung der Schüler habe sich aber - auch durch die Zuwanderung - dramatisch verändert; jeder fünfte Jugendliche in Österreich könne nach neun Jahren Pflichtschule nicht sinnerfassend lesen, schreiben oder rechnen.

Angesetzt werden müsse deshalb im Kindergarten und in der Volksschule - Talenterfassung nennt das Salcher: „Je früher man Dinge erkennt, umso leichter kann ein Lehrer darauf eingehen - wo sind die kreativen Fähigkeiten, die sozialen Fähigkeiten, die kognitiven Fähigkeiten?“ Salcher fordert deshalb, den Beruf der Kindergartenpädagogen und Volksschullehrer auch finanziell massiv aufzuwerten.

„Technisch begabte Kinder fördern“

Ähnlich sieht das IV-Präsident Georg Knill - für ihn ist es auch dringend, alle technisch begabten Kinder zu fördern: „Wir müssen es vor allem auch schaffen, dass wir verstärkt Mädchen in die Technik bringen - da ist das große Potenzial, das wir noch nicht ausreichend ausgeschöpft haben.“

Neustart des Schulsystems

Andreas Salcher fordert einen Neustart des Schulsystems: „Ich glaube, dass so kosmetische Teilreformen ein halber Schritt nach vorne und einen zurück nichts bringen. Wir müssen unser Schulsystem am 21. Jahrhundert orientieren.“

IV-Präsident Knill sieht eine mögliche Lösung im heimischen Fachkräftemangel in einem Zuzug qualifizierter Kräfte, er fordert, das Image der Lehre in Unternehmen, aber auch in der Schule und der Familie wieder zu heben.

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