Gewalt in Familien: Ruf nach mehr Hilfe für Kinder

Wenn in Familien Gewalt vorkommt, werden Kinder oft zu Zeugen der Übergriffe. Aufgrund der schwerwiegenden Folgen, die aktuelle Studien jetzt nachwiesen, fordern steirische Experten noch mehr Unterstützung für diese Kinder.

Erste Anlaufstelle:

Der Notruf der steirischen Frauenhäuser ist für von Gewalt Betroffene unter der Telefonnummer 0316 42 99 00 rund um die Uhr erreichbar.

Kinder, die gesehen haben wie jemandem in ihrer Familie Gewalt angetan wurde, haben im späteren Leben oft schwere psychische Probleme, die bis hin zu organischen Erkrankungen reichen. Wie tief das Zuschauen- und Miterlebenmüssen verletzt, ist erst in letzter Zeit zunehmend bekannt geworden. So machten internationale Studien aus den USA und Europa Folgen aus, als wäre den Kindern selbst Gewalt angetan worden.

Polizei, Jugendamt und Gerichte in der Pflicht

Allein in den steirischen Frauenhäusern werden jedes Jahr rund 200 Kinder betreut, die mit ihren Müttern vor häuslicher Gewalt geflüchtet sind. Laut Leiterin Michaela Gosch würden die schlimmen Erlebnisse der Kinder jedoch oft bagatellisiert - und zwar nicht nur von den Müttern, sondern auch von Polizei oder Jugendamt.

Trauriges Kind

ORF

Gewalt in der Familie miterleben zu müssen, hat laut aktuellen Studien für Kinder oft schwerwiegendere Folgen als bisher angenommen

Mehr Achtsamkeit fordert Gosch auch von den Gerichten ein, vor allem wenn es um die gemeinsame Obsorge geht: „Gemeinsame Obsorge in Familien, in denen Gewalt vorkommt, kann aus meiner Sicht nur dann funktionieren, wenn man geeignete Maßnahmen setzt. Das heißt, der gewalttätige Elternteil muss an seinem Verhalten arbeiten und andere Lösungsstrategien entwickeln - da geht meistens nichts von selbst, sondern da braucht man Antigewalttrainings. Meiner Meinung nach darf die gemeinsame Obsorge nicht verordnet werden, solange nicht geeignete Begleitmaßnahmen verordnet werden.“

„Es sollte begleitende Maßnahmen geben“

Mehr Möglichkeiten bei den Begleitmaßnahmen kann sich auch Gerichtspräsidentin Caroline List als Unterstützung für Kinder vorstellen, die aus gewalttätigen Haushalten kommen: „Es sollte wahrscheinlich auch begleitende Maßnahmen geben, die es jetzt noch nicht gibt, um Kinder in diese zukünftigen Systeme einzubeziehen - also zum Beispiel in ein Antigewalttraining oder in ein eigenes Training ‚Wie gehe ich selbst mit dem Erlebten um‘.“

Nachbetreuung für Täter kommt zum Beispiel vom Verein Neustart, der Menschen dabei hilft, sich gewalttätiges Verhalten abzugewöhnen. Denn, so zeigen Studien: Wer als Kind Opfer oder Zeuge von Gewalt wird, wird auch als Erwachsener häufiger zum Opfer oder auch Gewalttäter.

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