Grazer wandeln Treibhausgas zu Arzneistoff um

Grazer Forscher haben ein Verfahren und einen Mikroreaktor entwickelt, der das Treibhausgas Fluoroform (CHF3) zur Herstellung eines Arzneistoffs nachnutzen kann. Fluoroform ist eines der stärksten Treibhausgase, die es gibt.

Bei der Herstellung von Antihaftbeschichtung oder auch von Kühlmitteln fällt Fluoroform an - Chemiker und Klimaschützer zählen es zu den stärksten Treibhausgasen, das etwa 10.000 Mal mehr zur Klimaerwärmung beiträgt als Kohlendioxid.

Problematischer Stoff

Da das reaktionsträge Gas in der Atmosphäre Jahrhunderte überdauert, muss es nach der Produktion unter hohem Energieaufwand zerstört werden: „Es wird, vereinfacht gesprochen, verbrannt, was allerdings wieder zu unerwünschten Emissionen führt“, so Oliver Kappe vom Institut für Chemie an der Uni Graz - er hat mit seinem Team einen Weg der Nutzung dieses problematischen Stoffes für den Pharmabereich entwickelt.

Dient nun der Herstellung von Eflornithin

„In dem gemeinsam mit einem Industriepartner entwickelten Flow-Verfahren ist es uns gelungen, Fluoroform einer sinnvollen Nutzung zuzuführen“, schildert der Chemiker. Die Grazer Arbeitsgruppe zieht das Gas zur Herstellung von Eflornithin - einem substanziellen Arzneistoff, der u.a. bei der Behandlung der afrikanischen Schlafkrankheit Bedeutung erlangte - heran.

Mit „Durchflusschemie“ Zeit und Kosten sparen

Hinter dem Verfahren steckt die Idee der „Flow Chemistry“ - der „Durchflusschemie“: Dabei werden die für eine komplexe Synthese benötigten Substanzen in einem kontinuierlichen Verfahren durch Reaktionskammern im Mikroliterbereich gepumpt, was die chemische Synthese sicherer macht. In diesem System laufen die einzelnen Prozesse ohne Unterbrechung nacheinander ab.

Extreme Temperatur- und Druckbedingungen können Reaktionen um ein Vielfaches beschleunigen, so dass die Flow-Chemie im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren Zeit und Kosten spart, so Kappe. Das Design des Reaktors haben die Chemiker mit Kollegen der TU Graz und dem Grazer Research Center Pharmaceutical Engineering (RCPE) entwickelt und getestet; gemeinsam mit einem Schweizer Auftragshersteller für die Pharmaindustrie will man die Entwicklung nun zur Marktreife bringen, so Kappe.

Reaktor kleiner als ein kleines Schulheft

Der Flow-Reaktor, der speziell für die chemische Reaktion zur Herstellung des pharmazeutischen Wirkstoffes optimiert ist, hat erstaunlich geringe Ausmaße: Er ist mit seinen rund 16 Mal 9 Mal 3 Zentimetern Größe sogar noch etwas kleiner als ein Schulheft im A5-Format.

Die Grazer Anton Paar GmbH hat den Mikroreaktor mittels Metall-Laser-Sintern aus Stahlpulver gedruckt. Er besteht aus einem schlangenförmigen Kühlkörper, um den die Reaktorkanäle mit 0,8 Millimeter Innendurchmesser und einer Gesamtlänge von vier Metern gewickelt sind. „Rostfreier Stahl ist das beste Material wegen der chemischen, mechanischen und vor allem der guten Wärmeleitfähigkeit“, erklärt Stefan Pfanner, Spezialist für das Laser-Sinter-Verfahren bei Anton Paar GmbH.

Links: