Opferschutz umfangreicher als EU-Richtlinie

Sogar noch mehr Schutz als von einer EU-Richtlinie verlangt, bietet Österreich laut einer Studie Opfern von Gewalt oder Missbrauch. Schulungen für Menschen, die mit Opfern in Kontakt kommen, könnten die Lage noch deutlich verbessern.

Opferschutz-Studie

Opfer von Gewalt oder Missbrauch sollen besser geschützt werden - das war das Ziel einer EU-Richtlinie, die seit 2015 umgesetzt sein muss. Mit einer europaweiten Studie wurde nun nachgeprüft, ob die Vorgaben erledigt wurden und ob es Verbesserungsbedarf gibt. Demnach ist die Steiermark gut aufgestellt, laut Experten gibt es aber noch Luft nach oben.

Wird einem Menschen Gewalt angetan, dann sind oft Polizisten, Ärzte oder Krankenschwestern seine ersten Ansprechpartner. Doch genau hier hängt es - so die Studie - immer wieder von der jeweiligen Person ab, ob das Opfer auch als solches erkannt und richtig behandelt werde.

Arbeit an Bewusstsein und Wissen

Immer wieder komme es vor, dass etwa in Spitälern wichtiges Beweismaterial wie Kleidung oder auch erste Aussagen nicht dokumentiert oder aufgenommen würden. Schulungen könnten das verbessern, so die Präsidentin des Grazer Straflandesgerichts, Caroline List: „Es geht darum, an Opfern Verletzungen festzustellen, aber auch zum Beispiel Kleidung, die Art, wie sie sich präsentieren, einen psychischen Ausnahmezustand festzustellen und das auch in einer Krankengeschichte festzuhalten.“

Silhouette eines Mannes

ORF

Männer, die Opfer von Gewalt werden, erhalten oft zu wenig Unterstützung

Aber auch über gesetzliche Unterstützungsmöglichkeiten für Opfer würde oft Wissen fehlen - zum Beispiel für die offizielle Benennung als besonders schutzwürdiges Opfer, dem zusätzliche Hilfe zusteht, so Richterin Elisabeth Juschitz: „Man hat natürlich das Recht auf psychologische und juristische Prozessbegleitung, die kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Man hat erweiterte Rechte bei der Einvernahme - nämlich, dass man durch eine Person gleichen Geschlechts vernommen wird. Man hat Akteneinsichtsrechte, Möglichkeiten, sich am Verfahren besser zu beteiligen - und diese muss man vermitteln.“

Zu wenig Unterstützung für Männer

Was im Zuge der Studie neben dem Schulungsbedarf noch aufgefallen ist, sei, dass Männer, die Opfer von Gewalt werden, zu wenig Unterstützung bekommen. So etwas wie ein Frauenhaus, wo sie Unterschlupf finden können, gibt es nicht - und auch keine für sie spezialisierte Opferschutzeinrichtung, so die Studie. Zusätzlich wird auch gesetzlich mehr Unterstützung für Kinder empfohlen, die Zeugen von Gewalt geworden sind.