Lehofer: Krisendienst statt Blaulicht

Gewalttaten in Familien wie jene am Wochenende könnten vermieden werden: Der renommierte Psychiater und ärztliche Direktor des LKH Graz Süd-West, Michael Lehofer, fordert hierfür einen mobilen psychiatrischen Krisendienst.

In der Nacht auf Montag soll in Seiersberg-Pirka im Bezirk Graz-Umgebung ein Enkel seine Großmutter ermordet haben - mehr dazu in Wieder Bluttat: 78-Jährige ermordet -, und erst am Samstag hatte in St. Stefan im Rosental im Bezirk Südoststeiermark ein 51-Jähriger seine Geschwister getötet und seine Mutter schwer verletzt - mehr dazu in Nach Doppelmord: Keine Hinweise auf Planung, in Nach Bluttat: Mutter noch in Lebensgefahr und in Schwester, Bruder und sich selbst getötet.

„Die Schwelle ist sicher niedriger“

Laut dem ärztlichen Direktor des LKH Graz Süd-West, Michael Lehofer, könnten solche Bluttaten innerhalb der Familie verhindert werden - er fordert einen mobilen psychiatrischen Krisendienst, der bei Familienstreitigkeiten anstelle der Polizei ausrücken soll. Eine solche mobile Einrichtung wäre dringend notwendig, wenn Situationen mit psychisch Kranken in der Familie eskalieren, so Lehofer.

Die Angehörigen hätten oft Hemmungen, die Polizei zu rufen: „Wenn man aber einen psychiatrischen Krisendienst holen könnte, dann würde dieser nicht als Exekutive erscheinen, sondern als therapeutisches Angebot. Da wäre sicher die Schwelle niedriger, da könnte man sicher in dem einen oder anderen Fall die Eskalation vermeiden und möglicherweise sogar Gewalttaten vermeiden“, so Lehofer.

In Kärnten und Wien bewährt

In Kärnten und Wien gibt es laut Lehofer mobile psychiatrische Krisendienste bereits seit Jahren. Ein Team besteht aus zwei Mitarbeitern, die rund um die Uhr bereitstehen: „Diese Krisendienste bewähren sich ausgesprochen gut. Sie werden natürlich nicht nur im Falle von Gewalt geholt, sondern auch im Fall anderer schwieriger Krisen, die im häuslichen Umfeld entstehen.“

Diese Experten könnten zur Deeskalation beitragen, eventuell sogar den Gewalttäter von einer freiwilligen stationären Behandlung überzeugen. Psychisch kranke Menschen können nur gegen ihren Willen in einer Klinik untergebracht werden, wenn sie eine akute und erhebliche Gefahr für sich oder andere darstellen - so ist die derzeige Gesetzeslage, und das sollte auch so bleiben, betont Lehofer: „Die Psychiatrie muss für alle Menschen ein Ort der Hilfe bleiben und kann nicht quasi ein Reserve-Gefängnis für die Bevölkerung darstellen.“ Mobile psychiatrische Krisendienste wären für Lehofer ein Schritt in die richtige Richtung.

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