Böllerprozess: Hauptangeklagter erneut befragt

In Graz wird teilweise der sogenannte Böllerprozess wiederholt. Es soll neuerlich geklärt werden, wie gefährlich die Bedingungen in der illegalen Produktionsstätte in Kapfenstein 2014 tatsächlich waren.

Am Grazer Straflandesgericht hat heute die teilweise Neuauflage des sogenannten Böllerprozesses begonnen - mehr dazu in Böllerprozess wird teilweise wiederholt (02.03.2018). Zwei Menschen, Vater und Sohn, sind im November 2014 in Kapfenstein ums Leben gekommen, nachdem es bei der illegalen Produktion von Knallkörpern zu einer heftigen Explosion gekommen war - mehr dazu in Kapfenstein: Brüder bunkerten Tausende Böller 19.11.2014.

Hauptangeklagter erneut einvernommen

Bei fünf der acht Angeklagten wurde das Urteil teilweise aufgehoben. Bei der erneuten Verhandlung geht es in erster Linie um Sachverständigenfragen bezüglich der besonderen Gefährlichkeit. Am Freitag Vormittag wurde zunächst der Hauptangeklagte einvernommen. Der 35 Jahre alte Auftraggeber, der in der Erstverhandlung zu acht Jahren Haft verurteilt wurde.

Die Frage der Richterin, ob er über eine Betriebsanlagegenehmigung zur Herstellung von Knallkörpern verfügt habe, verneint der Angeklagte. Zuerst habe er bei sich zu Hause Böller hergestellt, bis er das Angebot seiner Hilfskraft - einem der späteren Opfer - angenommen habe, auf dessen Hof in einem Nebengebäude zu produzieren. Gemischt und abgefüllt habe er immer im Freien. Darüberhinaus sei er sich sicher, dass es bei seiner Mischung niemals zu einer Explosion gekommen wäre.

Opfer hatte keine pyrotechnische Ausbildung

Das spätere Opfer, das keine pyrotechnische Ausbildung hatte, habe - laut Aussagen des Hauptangeklagten - erstmals selbst mit hochexplosiven Stoffen experimentiert. Durch das Beimengen von Schwefel wurde die Zündfreudigkeit zusätzlich erhöht. Offensichtlich zuviel: Die Detonation an jenem Novembertag 2014 war so gewaltig, dass das gesamte Anwesen zerstört wurde. Ein 29-Jähriger, der mit seinem Bruder Böller herstellen wollte, und sein 57 Jahre alter Vater wurden getötet.

Streit um Gutachter

Die Verteidigung beantragt am Freitag die Absetzung des Sachverständigen wegen Befangenheit. Nach Meinung der Anwälte hatte er bereits unmittelbar nach der Explosion für die Staatsanwaltschaft ermittelt und komme daher für die Hauptverhandlung nicht in Frage, außerdem sei er für einige Fragen nicht spezialisiert genug. Doch der Schöffensenat lehnte diesen Antrag ab: „Es bestehen keine Zweifel an der fachlichen Kompetenz und der Unbefangenheit des Sachverständigen“, hieß es. Wann der Prozess fortgesetzt wird, steht noch nicht fest.