Grazer Forscher erstellten erstes Flechteninventar

Ein internationales Forscherteam hat unter der Leitung der Universität Graz erstmals Flechtenarten in den Alpen dokumentiert. Mehr als 3.000 Arten umfasst das Inventar, das als Basis für weitere Forschungen dient.

Flechten zählen zu den dominanten Lebensformen in den Hochlagen der Alpen. Ihre Lebensweise - eine Wohn- und Lebensgemeinschaft aus einem Pilz und einer oder mehreren Algen - ermöglicht es ihnen, extreme Lebensräume zu erschließen, erklärt Helmut Mayrhofer vom Institut für Biologie der Universität Graz.

Sorge über Veränderung der Lebensräume

Während die breite Öffentlichkeit besorgt über den dramatischen Rückgang der Gletscher ist, sind Biologen wesentlich mehr alarmiert durch die Veränderungen der Lebensräume. „Die Auswirkungen auf die Vegetation der höheren Pflanzen wurden untersucht, aber wichtige ökologische Rückgrate in Form von niederen Pflanzen und wenig bekannten mikrobiellen Organismen wurden noch nicht sorgfältig studiert“, so der Flechten-Experte.

Forschungsprojekt über 15 Jahre

Das mag auch damit zusammenhängen, dass es bisher noch kein umfassendes Inventar der Flechtenarten für die Alpen gab. Mit der nun vorliegenden 600 Seiten umfassenden Dokumentation gehört dieses Manko der Vergangenheit an. Ein mehrjähriges, durch den Wissenschaftsfonds FWF gefördertes Forschungsprojekt, hat es ermöglicht. Insgesamt haben die Forscher rund 15 Jahre an der nun vorliegenden Liste aller Arten samt Informationen zu ihrer Systematik, Verbreitung und Ökologie gearbeitet. "Jetzt haben wir die Basis für weitere Forschungen zur Evolution und Diversität, aber auch zum Klimawandel“, so Mayrhofer.

Mehr als 3.000 Flechtenarten

Insgesamt sind die Lichenologen (Flechten-Experten) aus den acht Alpenstaaten auf 3.163 unterschiedliche Flechtenarten in den Alpen gestoßen. Im österreichischen Teil der Alpen finden sich 2.337 dokumentierte Arten, 2.169 sind es in Italien. Für die französischen Alpenregionen wurden etwa 2.000 aufgelistet, in den Schweizer Alpen sind rund 1.800 Arten vertreten. In Deutschland sind es rund 1.200 und an die 150 in Liechtenstein. Slowenien weist rund 890 auf. Lediglich für Monaco gibt es noch gar keine Angaben.

Große Forschungslücken

Die Vielfalt der Flechtenarten in dem Gebirge mit einer Ausdehnung von nahezu 1.200 Kilometern Länge wurde zwar seit dem 18. Jahrhundert erforscht. Die Daten waren jedoch weit über Europa verstreut und aus manchen Gebieten habe es laut Mayrhofer große Forschungslücken gegeben. Die Kenntnis der Biodiversität ist jedoch von großer Bedeutung für das Verständnis von Umweltwelteinflüssen auf unser Leben.

In Kooperation mit den USA und Schweden sind Lichenologen aus Graz im Sommer 2016 auf Hefepilze als neuer Partner von Flechten gestoßen. Diese Erkenntnis könnte dazu führen, dass Lehrbücher umgeschrieben werden - mehr dazu in Flechten: Grazer schreiben Lehrbücher um (21.7.2016).

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