Steirer machen weniger Überstunden

In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der Überstunden in der Steiermark stark gesunken - für die Wirtschaftskammer eine Folge von flexiblerer Arbeitszeiten und mehr Personal, für die Arbeiterkammer hingegen nicht erklärbar.

Noch vor zehn Jahren leistete jeder vierte Arbeitnehmer in der Steiermark Überstunden - heute ist es nur mehr jeder Sechste.

„Bestimmte Maßnahmen haben gegriffen“

Während es 2007 noch mehr als 100.000 Arbeitnehmer waren, die regelmäßig Überstunden geleistet haben, waren es 2017 nur mehr knapp 81.000.

„Man sieht, dass hier bestimmte wirtschaftspolitische Maßnahmen gegriffen haben, dass wir wirklich einen signifikanten Rückgang bei den Überstunden zu verzeichnen haben“, sagte Ewald Verhounig, Leiter des Instituts für Wirtschafts- und Standortentwicklung.

Gute Konjunkturlage

„Im Rahmen unserer Konjunkturerhebungen hat sich auch schon abgezeichnet, dass vor allem das starke Beschäftigungswachstum mit dazu beiträgt, dass Einzelne jetzt weniger Überstunden leisten müssen, weil diese von neuen Kollegen unterstützt werden“, so Verhounig.

Zurückzuführen sei das auf eine starke Konjunktur, sagte Wirtschaftskammerpräsident Josef Herk: „Eine gute Konjunktur gibt den Unternehmen Sicherheit und somit auch Planbarkeit - und darauf reagieren die Unternehmen mit zusätzlichen Beschäftigen.“

In Gesamtösterreich gingen die Überstunden in den vergangenen zehn Jahren um zehn Prozent zurück - das bedeutet rund 120 Millionen Überstunden pro Jahr weniger

Flexibilisierung trägt Teil bei

Ein weiterer Grund für den Überstunden-Rückgang: die Novelle des Arbeitszeitgesetzes im Jahr 2007. Dadurch seien flexiblere Arbeitszeiten möglich geworden, so Josef Herk: „Pro Mitarbeiter pro Woche eine Überstunde weniger, das ist natürlich weniger Belastung. Das heißt, wir haben in der Kombination mit dem Sinken der Überstunden und der guten Entwicklung mehr Beschäftigung in der Steiermark, und ich glaube, das ist die wichtigste Botschaft.“

Rückgang für AK nicht nachvollziehbar

Für Armin Gibiser, Arbeitsrechtsexperten in der steirischen Arbeiterkammer (AK), ist der starke Rückgang der Überstunden jedoch nicht nachvollziehbar, auch wenn durch die Möglichkeiten einer flexiblen Arbeitszeitgestaltung Überstunden vermieden werden können.

Eine mögliche Erklärung für Gibiser ist, „dass geleistete Überstunden oder bei Teilzeitbeschäftigten, geleistete Mehrstunden nicht abgegolten werden, also weder durch Zeitausgleich in Form von Freizeit oder in Geld. Wir, zumindest in unserer Tätigkeit, stellen fest, dass von vielen Arbeitnehmern Überstunden geleistet werden, zusatzpflichtige Überstunden geleistet werden, die in vielen Fällen nicht oder nicht vollständig entlohnt werden.“

Arbeitspsychologe: „Mehr Freiraum neben Arbeit“

Während die Arbeiterkammer diesen Zahlen der Statistik Austria kritisch gegenüber steht, ist der Rückgang der geleisteten Überstunden für den Arbeitspsychologen Paul Jimenez von der Karl-Franzens-Univesität Graz durchaus nachvollziehbar. Er führt das unter anderem darauf zurück, dass sich vor allem junge Menschen wieder mehr auf Zeit mit der Familie besinnen. „Das erleben wir und sehen wir tatsächlich auch in Untersuchungen, dass diese Werte Familie, Freunde stärker wachsen und dass die Arbeitenden einfach viel mehr diese Bereiche auch nebeneinander verknüpfen wollen. Sie wollen einfach auch mehr Freiraum haben für ihre eigenen Wünsche, neben der Arbeit.“

Laut Jimenez sei eine weitere Erkenntnis aus der Arbeitspsychologie, dass es mehr um Pausen und Regeneration geht und nicht um die Arbeitszeit alleine - Flexibilität sei daher für beide Seiten, für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, ein sehr interessanter Punkt.

Link: