Gutachten zweifelt an Suizid eines Oststeirers

Der Selbstmord eines Oststeirers im Jahr 2014 wird von einem Privatgutachten in Zweifel gezogen. Laut Staatsanwaltschaft hatte sich der 63-Jährige mit einer Waffe selbst erschossen - ein ehemaliger Gerichtsmediziner schließt das aus.

Bekannt ist, dass der Oststeirer im September 2014 tot in seinem Haus gefunden worden war. Während die Staatsanwaltschaft von einem Suizid ausging, blieb aber unklar, wie die Waffe in das Haus des Pensionisten kam. Da man in der Sache damals nicht weiterkam, war das Verfahren abgebrochen worden, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz, Hansjörg Bacher.

Verfahren wird fortgeführt

Jetzt wird das Verfahren aber fortgeführt, bestätigt Bacher. Anlass ist das Privatgutachten eines ehemaligen Wiener Gerichtsmediziners: Dieses schließt offenbar einen Suizid mit ziemlicher Sicherheit aus. Kolportiert wurde, dass beim Toten keine Schmauchspuren gefunden worden seien, und dass er eine Behinderung an den Armen hatte und sich daher nicht selbst hätte erschießen können.

DNA am Abzug sichergestellt

Laut Bacher stimme es so allerdings nicht, dass keine Schmauchspuren gefunden wurden - die Suche nach Schmauchspuren sei nämlich erst nach Aufkommen des Verdachts erfolgt, weshalb es sein kann, dass keine mehr nachweisbar waren. Überhaupt waren die Ermittlungen schwierig, weil zunächst alle von einem Suizid ausgingen und der Todesort schon gereinigt war, als die Spurensicherung kam: „Nach meiner Information hat die Gattin des Verstorbenen diesen Ort gereinigt“, so Bacher.

Eine eingeschränkte Bewegungsfreiheit der Arme des Mannes bestand zwar, jedoch möglicherweise nicht in dem kolportierten Ausmaß. Bacher betonte, dass die DNA des Toten sowohl am Abzug als auch am Magazin der Waffe sichergestellt worden war.

Beweise werden nochmals untersucht

Die Staatsanwaltschaft geht daher nach wie vor von einem Suizid aus. Ein denkbares Motiv wäre, dass die Frau des 63-jährigen Nachbarn seit kurzer Zeit mit ihrem Lebensgefährten im selben Haus gelebt hatte. Und Staatsanwalt Bacher sagt: „Nach den Erhebungen haben sich zum Zeitpunkt des Selbstmordes die Gattin und deren Lebensgefährte im selben Haus aufgehalten.“

Witwe geht von Selbstmord aus

Das vorgelegte Privatgutachten veranlasste die Behörden jedoch, nun selbst einen gerichtlich beeideten Sachverständigen aus dem Schusswesen zu beauftragen - er soll binnen acht Wochen die vorliegenden Beweise untersuchen. Nicht nur die Staatsanwaltschaft geht von Selbstmord aus - auch die Witwe des Mannes. Sie sagt, er sei schwer krank gewesen, habe befürchtet eine geplante Operation nicht zu überleben und habe vielfach von Selbstmord wegen seiner gesundheitlichen Situation gesprochen.

Die Waffe, mit der sich der 63-Jährige erschossen haben soll, gehört einem Arzt, der sich im Vorjahr vor Gericht verantworten musste - mehr dazu in Staatsanwaltschaft Graz beruft gegen Arzturteil (5.12.2017). Der Oststeirer war ein Nachbar des Arztes. Dieser gestand bei den bisherigen Vernehmungen, dass es sich um seine Waffe handelte, er will sie aber zuletzt 2008 gesehen haben.

Sollte wider Erwarten der Staatsanwaltschaft auch das Gerichtsgutachten doch von einer Fremdtötung ausgehen, dann würde sich erstens die Frage stellen, wer als Täter in Frage käme, und zweitens kämen laut dem Staatsanwalt neben Mord noch zwei andere Verdachtsmöglichkeiten in Frage: Beihilfe zum Selbstmord oder Töten auf Verlangen.