Vertauschte Babys: OGH entschied für Familie

Im Fall der mutmaßlich im LKH Graz vertauschten Babys vor mehr als 27 Jahren hat der Oberste Gerichtshof für die Familie entschieden. Der OGH sprach Tochter, Mutter und Vater 20.000 Euro Schmerzensgeld zu.

Anfang 2016 ist der Fall der mutmaßlichen Baby-Vertauschung bekanntgeworden, jetzt zog der Oberste Gerichtshof in Wien einen Schlussstrich unter die Causa: Allen drei Betroffenen – Tochter, Mutter und Vater – wurden jeweils 20.000 Euro Schmerzensgeld sowie die Übernahme der Adoptionskosten zugesprochen, so Anwalt Gunther Ledolter, der Rechtsanwalt der Familie.

Familie ging durch alle Instanzen

Die Familie hatte die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft (KAGes) geklagt und ging durch alle Instanzen. „Der Oberste Gerichtshof stellt fest, dass es die Verpflichtung der KAGes gewesen wäre, das Neugeborene unmittelbar nach seiner Geburt in einer jeden Zweifel und jegliche künftige Verwechslung ausschließenden Weise seiner leiblichen Mutter zuzuordnen und nach Durchführung der erforderlichen Behandlungs- und Pflegemaßnahmen dieses Kind seinen Obsorgeberechtigten zu übergeben. Da die Mutter aufgrund einer Vollnarkose direkt nach der Entbindung noch keinen Kontakt zu ihrem Neugeborenen hatte, ist sie umso mehr darauf angewiesen, dass die Mitarbeiter der Krankenanstalt ihr das richtige Kind übergeben“, so Ledolter.

Kein Rechtsmittel mehr möglich

Für den Fall führte der Oberste Gerichtshof außerdem laut Ledolter aus, dass die Eltern aller Voraussicht nach nie erfahren werden, was mit ihrem leiblichen Kind passiert ist; die Tochter wird auch ihre biologische Herkunft nicht klären können, weshalb Ersatz für den erlittenen Seelenschmerz zu gewähren war. Laut Ledolter handelt es sich um das höchste bis dato zugesprochene Trauerschmerzensgeld. Ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ist nicht mehr möglich, das Urteil somit rechtskräftig.

Von Seiten des LKH Graz heißt es Donnerstagabend auf Anfrage, dass der KAGes das Urteil des Obersten Gerichtshofes noch nicht vorliege und man deshalb noch keine Stellungnahme abgeben könne. Sobald das Urteil vorliege, werde man sich zum Urteil des OGH äußern, so eine Sprecherin des LKH Graz.

Vor mehr als 27 Jahren soll es im LKH Graz zur Verwechslung zweier Neugeborenen gekommen sein. Die betroffene Familie erfuhr erst vor einigen Jahren davon, als sich bei einer Blutuntersuchung der Tochter herausstellte, dass sie nicht das leibliche Kind ihrer Eltern sein kann. Trotz zahlreicher DNA-Tests wurde bisher kein zweites Mutter-Tochter-Paar ausfindig gemacht, das an der Verwechslung beteiligt gewesen sein könnte – mehr dazu in Vertauschte Babys: OLG weist Schadensersatz ab (29.8.2017).