Mindestsicherung: Kampus sieht „Wortbruch“

Die Vorsitzende der Sozialreferentenkonferenz, die steirische Landesrätin Doris Kampus (SPÖ), zeigt sich über das Vorgehen der Regierung in Sachen Mindestsicherung entsetzt und sprach von „Desavouierung“ und „Wortbruch“.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gab bei einer Pressekonferenz am Dienstag bekannt, dass man nicht auf die von den Sozialreferenten für Ende Juni angekündigten Reformvorschläge warten, sondern selbst mit 1. Juni einen Begutachtungsentwurf vorlegen werde - mehr dazu in Mindestsicherung: Kurz macht Ländern Druck (news.ORF.at)

Das Wort von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) gegenüber den Bundesländern habe damit genau elf Tage gehalten, spielte Kampus auf die Sozialreferentenkonferenz am 13. April im obersteirischen Leoben an - damals habe Hartinger-Klein zugesagt, einen Länder-Vorschlag als Basis für Verhandlungen über die Reform der Mindestsicherung zu nehmen. Deren Ergebnisse sollten dann Ende Juni vorliegen - mehr dazu in Einheitliche Mindestsicherung geplant (13.4.2018)

„Bundesländer sind offenbar nichts mehr wert“

Die Hand der Länder gegenüber dem Bund sei ausgestreckt gewesen, nun werde sie entschieden und brüsk zurückgewiesen, sagte Kampus am Dienstag: „Jetzt wissen wir, was von solchen Zusagen zu halten ist. Die Bundesländer sind offenbar nichts mehr wert und Gespräche mit der Sozialministerin reine Zeitverschwendung, wenn sie von Kanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ, Anm.) immer wieder zurückgepfiffen und öffentlich bloß gestellt wird.“

Treffen abgesagt

Für diese Woche war dazu ein Treffen auf Beamtenebene geplant, am 9. Mai eines der zuständigen Landesräte - beide Termine wurden nun abgesagt. Ob die Soziallandesräte überhaupt noch einen eigenen Vorschlag vorlegen, ist noch unklar.

Kampus war Ähnliches bereits bei einer Sozialreferentenkonferenz in Graz Ende September 2016 mit dem damaligen Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) widerfahren: Eine Verständigung auf den Ausbau von gemeinnütziger Beschäftigung für Asylwerber hatte damals knapp eine Woche gehalten, bevor es von Bundesseite zu einem Rückzieher gekommen war.

„Drüberfahren als Prinzip“

Die Soziallandesrätin vermutet, man wolle offenbar keine Kooperation mit den Ländern: „Der Bund macht das Drüberfahren über die Länder zum Prinzip seiner Politik“, so Kampus. Damit seien nun auch die Ländervertreter von ÖVP und FPÖ, die in der Leobener Konferenz für den Bundesland-Vorschlag gestimmt hätten, desavouiert.

FPÖ-Kritik an Kampus

Kritik an Kampus kommt wiederum vom Steirischen FPÖ-Klubobmann Stefan Hermann: „Den Reformbedarf im Bereich der Mindestsicherung hätte selbst der verträumteste Sozialromantiker schon längst erkennen müssen. Die steirische Landesregierung hat mit ihrer jahrelangen Untätigkeit die Maßnahmen der Bundesregierung notwendig gemacht. Es ist höchst an der Zeit, das sozialromantische Mindestsicherungskonzept in der Steiermark einer tiefgreifenden Neuerung zu unterziehen und die Leistungen für Zuwanderer weitestgehend zurückzufahren."