Von Rindt zu Red Bull: Helmut Marko ist 75

Helmut Marko feiert am Freitag seinen 75. Geburtstag. Seine eigene Motorsportkarriere musste der Grazer nach einer Verletzung beenden - seither macht er vor allem als Strippenzieher bei Red Bull von sich reden.

Was die Formel-1-Aktivitäten von Red Bull betrifft, ist der streitbare und öfters etwas grantig wirkende Marko das ausführende Organ von Firmenchef Dietrich Mateschitz: Keine Entscheidung wird ohne das Zutun des Motorsport-Konsulenten getroffen, keiner besteigt ohne seinen Segen ein Cockpit bei Red Bull Racing oder bei Toro Rosso.

Viele mussten jedoch auf Markos Betreiben aussteigen, und das mitunter ziemlich abrupt. Die Liste jener, die das Red-Bull-Ausleseverfahren nicht überstanden haben, enthält Namen wie Christian Klien, Patrick Friesacher, Vitantonio Liuzzi, Scott Speed, Sebastien Bourdais, Sebastien Buemi, Jaime Alguersuari und - das jüngste Beispiel - Daniil Kwjat. „Alle von ihnen hatten ein gewisses Talent und einen gewissen Speed, aber sie haben einfach nicht hart genug gearbeitet. Das war das Problem“, erklärte Marko einmal. Die, die es geschafft haben, waren absolute Siegertypen - Sebastian Vettel, Daniel Ricciardo oder Max Verstappen etwa.

Helmut Marko

APA/Techt

Die pragmatische Härte und Direktheit des am 27. April 1943 in Graz geborenen Helmut Marko, so meinen viele, kommen nicht von ungefähr, denn Marko tauchte zu einer Zeit in den Motorsport ein, als verletzungsfreie Rennen eher dem Glück als den Sicherheitsvorkehrungen geschuldet waren. Nach dem Unfalltod seines Freundes Jochen Rindt, der 1970 posthum Weltmeister wurde, galt er als größte rot-weiß-rote Motorsport-Hoffnung.

Mit Jochen Rindt aufgewachsen

Marko und Rindt hatten erst das Pestalozzi-Gymnasium in Graz besucht, wechselten später in das Höttl-Internat in Bad Aussee und waren bald bekannt für ihre wilden Ritte über die Landstraßen der Umgebung. Auf Druck seiner Eltern schloss Marko das Jusstudium mit dem Doktortitel ab, doch Rindts aufgehender Stern faszinierte ihn: „Er hat den Durchbruch geschafft“, erklärte er, „das hat mich ermutigt, das Gleiche zu machen.“

1971 gewann Marko im legendären Porsche 917K mit einem neuen Distanzrekord das 24-Stunden-Rennen von Le Mans. Nach seinem zweiten Platz beim Langstreckenrennen Targa Florio in Sizilien, zeigten sich 1972 angeblich einige Mafia-Bosse so begeistert, dass sie ihm anboten, ihm zu helfen, „sollte ich einmal etwas brauchen“. Darauf sei er freilich nicht eingegangen, sagte der Jurist. In der Formel 1 bestritt Marko neun Rennen für BRM, WM-Punkte gab es keine.

Stein beendete eigene Karriere

Ein extremer Zwischenfall verhinderte jedoch weitere Erfolge des Steirers, der sogar schon einen Vorvertrag bei Ferrari hatte. Ein kleiner Stein, der 1972 beim Formel-1-Grand-Prix in Clermont-Ferrand vom Lotus des Schweden Ronnie Peterson aufgewirbelt wurde, durchbohrte das Visier des 29-Jährigen und traf sein linkes Auge. Auch im Anschluss lief einiges schief: „Erst haben sie mich ins falsche Krankenhaus gebracht, dann in das andere. Sie mussten den Arzt anrufen, der für Augenverletzungen zuständig war, der war jedoch bei einer Grillparty“, erinnerte sich Marko, der eine Augenprothese eingesetzt bekam.

Jurist, Hotelier, Teambesitzer, Kunstsammler

Nach seiner aktiven Karriere stieg Marko in Graz in die Hotelbranche ein, führte für den ORF die Live-Interviews mit dem neuen Formel-1-Star Niki Lauda, investierte in zeitgenössische Kunst und Immobilien und trat als Rennstall-Besitzer in Erscheinung. Das RSM-Marko-Team ging in der DTM wie auch später erfolgreich in der deutschen Formel 3 und der Formel-3000-Meisterschaft an den Start. Marko förderte Jungspunde wie Gerhard Berger, Karl Wendlinger, Jörg Müller, Alexander Wurz und Juan Pablo Montoya, in der DTM fuhr auch Franz Klammer für sein Team.

Strippenzieher und Talentescout

Seit 2005 fungiert der dreifache Vater offiziell als Motorsport-Berater bei Red Bull, nachdem Mateschitz zuvor der Formel-1-Rennstall von Jaguar übernommen hatte. Marko überwacht auch das Nachwuchsprogramms des zur Lifestyle-Marke gewordenen Getränkeherstellers: Der Workaholic entdeckte Sebastian Vettel, der mit Red Bull Racing von 2010 bis 2013 viermal die Formel-1-Weltmeisterschaft gewann, forcierte dann mit dem Australier Daniel Ricciardo ein ähnliches Talent.

Langfristig möchte sich Marko den Stress des ewigen Um-die-Welt-Reisens zumindest noch so lange antun, bis sein neuer „Zauberlehrling“ Max Verstappen Champion ist: „Wir wollen, dass er mit uns der jüngste Weltmeister der Geschichte wird“, präzisierte er die Erwartungshaltung. Dafür hat man bis Ende 2020 Zeit - denn bis dahin wäre der momentan 20-jährige Niederländer noch jünger als Vettel bei seinem ersten Titel.