Kritik an „hausgemachtem“ Fachkräftemangel

Der von Firmen viel beklagte Fachkräftemangel sei selbst verschuldet – das kritisieren Arbeitslose, die nicht beschäftigt werden, weil sie zu teuer sind. Vor allem ältere Menschen ohne Job fühlen sich im Stich gelassen.

38.000 Menschen sind in der Steiermark derzeit ohne Job - mehr dazu in Arbeitslosigkeit geht weiter zurück (3.4.2018). Und obwohl diese Zahl stetig sinkt, ist der Tag der Arbeitslosen am Montag alles andere als ein Feiertag - vor allem für die Betroffenen.

Tag der Arbeitslosen:

Mit einem Infostand vor dem Arbeitsmarktservice in der Grazer Niesenberggasse will der Verein Amsel am Montag auf die Arbeitslosigkeit in all ihren Facetten aufmerksam machen. Im Rechbauerkino wird der Film „Ich, Daniel Blake“ gezeigt. Der Eintritt ist frei.

Generation 50 plus zu teuer

Firmen könnten verstärkt auf qualifizierte Mitarbeiter der Generation 50 plus setzen. Doch das tun sie nicht, weil ältere Mitarbeiter zu teuer sind - beklagen Betroffene. Johann Maierhofer aus der Oststeiermark erlernte zwei handwerkliche Berufe, machte eine Ausbildung zum Wirtschaftsingenieur für Maschinen und er besitzt rund 30 Zusatzzertifikate - doch die Wirtschaft will ihn nicht: „Bei mir beläuft es sich auf ca. 250 Bewerbungen, 170 Absagen und der Rest - nichts. Bei manchen ist es so, dass sie das Alter mit ‚Überqualifizierung‘ beschreiben, aber ich habe es auch anders gehört.“

Viel Praxis, keine Einschulung, alle Ausbildungen

Mit 52 Jahren ist er einer von 11.000 Steirerinnen und Steirern der Generation 50 plus, die ohne Beschäftigung sind. Der Fachkräftemangel sei hausgemacht, kritisiert auch Wolfang Schmidt vom Verein Amsel, der für und von Arbeitslosen betrieben wird: „Ein absolutes Ablenkungsmanöver, die ArbeitgeberInnen verlangen, ob Fachkräfte oder nicht, die Wunderwuzzis, die alle Ausbildungen haben, die man grad braucht im Unternehmen, und die noch dazu total viel Praxis haben, die ‚job ready‘ sind und keinen einzigen Tag Einschulung brauchen und gleichzeitig so billig sind wie eine Berufseinsteigerin.“

Arbeitslose seien faul, unflexibel und ungebildet - so die Pauschalurteile. Doch dabei würden Arbeitgeber eine große und wirtschaftlich wichtige Gruppe außer Acht lassen, sagt Johann Maierhofer: „Nämlich jene ab 45, 50 plus, die noch Dinge bewegen kann und möchte, Ideen hat, Vorsätze hat, unter Umständen sogar noch in die Selbstständigkeit wechseln möchte. Aber die Vorurteile sind extrem groß.“

Verständnis für Arbeitgeber fehlt

Auch eine AMS-Umschulung hat den 52-Jährigen bisher nicht zurück in den Arbeitsmarkt gebracht. Einzig in Vorarlberg hätte sich für den Oststeirer eine Möglichkeit aufgetan. Arbeitgebern fehle oft das Verständnis für ältere Arbeitnehmer, sagt Wolfgang Schmidt: „Der hat auf jeden Fall Wurzeln, der mag nicht alles verlassen. Ältere Arbeitslose sind zu teuer und vielleicht auch unangenehmer, weil sie gewisse Erfahrungen haben, wie man mit ArbeitnehmerInnen umspringen kann.“

Laut einer aktuellen Umfrage der Wirtschaftskammer haben bereits drei von vier steirischen Firmen nicht genug Personal: Immer mehr Aufträge können nicht angenommen werden, notwendige Investitionen müssen verschoben werden - mehr dazu in WK-Umfrage: Fachkräftemangel spitzt sich zu (25.4.2018).

Links: