Studie: Mängel bei Versorgung von Diabetikern

Eine Grazer Studie zeigt massive Mängel in der österreichischen Versorgung von Diabetikern auf. Studienautor Florian Stigler spricht sogar von „ausgeprägten Mängeln“. Die Folge seien doppelt so viele Amputationen.

Diabetes entwickelte sich in den Jahren zu einer Volkskrankheit. Allein in der Steiermark soll es laut Schätzungen von Medizinern bis zu 70.000 Betroffene geben. Um Folgeschäden zu vermeiden, würde es viele wirksame Maßnahmen geben, die in Österreich den Patienten aber nicht erreichen, ist der Grazer Gesundheitswissenschaftler Florian Stigler von der Medizinischen Universität Graz überzeugt.

Doppelt so viele Amputationen in Österreich

In seiner Studie habe sich gezeigt, „dass die Dinge, die bei einem Diabetiker medizinisch durchgeführt werden sollten, in Österreich etwa nur zur Hälfte wirklich durchgeführt werden. Die Folge dürfte sein, dass wir in Österreich etwa doppelt so viele große Amputationen bei Diabetikern durchführen und verglichen zum Beispiel mit dem vielgescholtenen England, sogar vier Mal so viele Amputationen."

Einfache Untersuchungen notwendig

Österreich habe europaweit die meisten diabetesbezogenen Fuß- und Beinamputationen; bei entsprechender Versorgung wären täglich bei zwei bis drei Diabetikern große Amputationen zu vermeiden, ist der Wissenschaftler überzeugt. Oft brauche es ganz einfache Untersuchungen, so Stigler: „Zum Beispiel einmal im Jahr die Füße gründlich untersuchen. Ein Diabetiker sollte einmal im Jahr zum Augenarzt gehen, einmal im Jahr eine große Laboruntersuchung des Blutes machen."

Kind bekommt Insulin

dpa-Zentralbild/Jens Kalaene

Diese Untersuchungen würden in Österreich noch viel zu selten passieren, kritisiert der Mediziner. In England würden 90 Prozent der Diabetiker eine Untersuchung der Füße und 75 Prozent eine Augenuntersuchung erhalten, in Österreich seien es nur 49 bzw. 39 Prozent.

Fehlendes Personal als Problem

Florian Stigler sieht das Problem vor allem im fehlenden Personal bei der Primärversorgung: „Wir haben weniger Hausärzte als in anderen Ländern und die arbeiten bei uns immer noch meistens alleine, in anderen Ländern werden die sehr oft von Pflegefachkräften unterstützt." Wichtig wäre laut Stigler, „dass die Finanzierung im niedergelassenen Bereich umgestellt wird, dass einfach mehr Qualität honoriert wird und nicht die Quantität, also wie viele Patienten in möglichst kurzer Zeit betreut werden und es wäre wichtig, mehr Anreize zu schaffen, um Pflegefachkräfte vermehrt in der Primärversorgung einzusetzen.“

Übergewicht und zu wenig Sport zählen zu den häufigsten Ursachen für Diabetes-Erkrankungen im Alter. Die Steiermark betreibt intensive Forschung auf diesem Gebiet und etablierte sich mittlerweile zu einem Hotspot in der Diabetes-Bekämpfung - mehr dazu in Steiermark: Hotspot in der Diabetes-Bekämpfung (24.3.2017).

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