Prozess um „verloren gegangenes“ Rettungsboot

Um ein verschwundenes Boot und 40.000 Euro Förderung hat sich am Freitag ein Prozess in Graz gedreht. Angeklagt ist der ehemalige Landesleiter der österreichischen Wasserrettung: Er muss sich wegen schweren Betrugs verantworten.

Im Jahr 2012 förderte die Stadt Graz den Kauf eines Bootes für die Wasserrettung samt neuer Ausrüstung mit 40.000 Euro. Das Boot hätte die Grazer Berufsfeuerwehr nutzen sollen - dazu wurde ein Kooperationsvertrag zwischen der Feuerwehr und dem Landesverband Steiermark der österreichischen Wasserrettung abgeschlossen. Das Geld wurde auf das Konto der Wasserrettung überwiesen, doch das Boot bekam bis heute niemand zu Gesicht, und auch, was mit dem Fördergeld passierte, ist unklar.

Es folgten eine Anzeige des Grazer Magistratdirektors und Ermittlungen wegen des Verdachts des Fördermissbrauchs. In den Fokus geriet der ehemalige steirische Landesleiter der österreichischen Wasserrettung, der auch in leitender Funktion bei der Grazer Berufsfeuerwehr war: Ihm wird nun vorgeworfen, die Stadt getäuscht zu haben.

Angeklagter bestreitet Vorwurf

Die Konten aus der betroffenen Zeit sind geschlossen, das Fördergeld nicht mehr vorhanden - und das Boot gibt es auch nicht. Der Angeklagte beteuerte am Freitag vor Gericht, er hätte das Boot erst bestellen können, wenn das dazugehörige Bootshaus in Graz fertig gestellt wäre - und davon wären alle infomiert gewesen: die Stadt als Förderstelle und die Berufsfeuerwehr Graz, mit der man gemeinsam das Rettungsboot nutzen wollte.

Der Prüfer des Stadtrechnungshofes, der den Fall ans Licht brachte, sagte, dass es ein „unüblicher Vorgang“ sei, weil der Kauf offenbar an den Bau des Bootshauses geknüpft war. Üblicherweise muss der Nachweis einer zweckgewidmeten Subvention drei Monate nach der Auszahlung des Geldes erfolgen. Für ihn sei die Förderung jedenfalls für die Beschaffung des Bootes und der Ausrüstung gewesen - entkoppelt vom Bootshaus.

Das Geld sei laut dem Angeklagten stets zur Verfügung gestanden, dafür hätte es eine Absprache mit der Bank gegeben - auch wenn das Konto der Österreischischen Wasserrettung in der Steiermark massiv überzogen war. Grund dafür waren Basisförderungen des Landes, die erst im Nachhinein ausbezahlt wurden.

Schlampereien, Machtkämpfe, Schuldzuweisungen

Im Laufe der Verhandlung zeichnete sich dann ein Bild von Schlampereien bei der Buchhaltung, Machtkämpfen im Landesverband und gegenseitiger Schuldzuweisungen vieler Beteiligter; hinzu kommen Versäumnisse von Förderstellen, dem Verbleib des Geldes nachzugehen - und das über Jahre. 2014 schied der Angeklagte aus allen Ämtern aus, ein Jahr später wurde das Bootshaus fertig gestellt, doch da war die Berufsfeuerwehr nicht mehr an einer gemeinsamen Nutzung interessiert.

„Keine Förderungen für zukünftige Anschaffungen“

Der Grazer Magistratsdirektor Martin Haidvogl sagte im Zeugenstand, dass die Berufsfeuerwehr prüfen hätte müssen, ob das Boot angeschafft wurde. Dort gab es aber zur damaligen Zeit Schwierigkeiten und vier neue Leiter innerhalb kurzer Zeit. Haidvogl hielt fest: „Wir zahlen prinzipiell keine Förderungen für zukünftige Anschaffungen aus.“ Man sei wohl davon ausgegangen, dass das Boot gleich angeschafft werde.

Auf Mitte Juni vertagt

Bei den Befragungen taten sich noch einige Fragen auf - etwa, warum die Nachfolger des Angeklagten die 40.000 Euro damals nicht zurückgezahlt haben -, die Richterin vertagte den Prozess daher auf Mitte Juni und wird dazu auch weitere Zeugen laden: Darunter sind bekannte Namen wie Wolfgang Wlattnig, Leiter der Gemeindeabteilung des Landes Steiermark, der ehemalige Grazer Branddirektor Otto Meisenberger und der frühere Leiter der Katastrophenschutzabteilung des Landes, Kurt Kalcher.

Dem 64 Jahre alten Angeklagten drohen bis zu drei Jahre Haft. Zudem ist er seit Jänner 2018 im Ruhestand: Da er Beamter der Stadt Graz war, kann das im Falle einer Verurteilung und bei einem Strafrahmen ab einer bestimmten Höhe auch Auswirkungen auf seine Pensionsbezüge haben.