Existenzfrage im Schauspielhaus

Der britische Autor und Regisseur Duncan Macmillan zählt zu den Theater-Shooting-Stars. Sein Stück „Atmen“ wird nun am Grazer Schauspielhaus inszeniert und stellt die existenzielle Frage: Ist es in dieser Zeit noch verantwortungsvoll, Kinder zu bekommen?

Macmillan war 2013 mit Friederike Mayröckers „Reise durch die Nacht“ beim Berliner Theatertreffen vertreten, 2014 wurde bei den Salzburger Festspielen „The forbidden zone“ uraufgeführt, und für „Atmen“ gewann er 2013 den Off West End Award.

"Atmen"

Schauspielhaus Graz/Lupi Spuma

Modernes Paar mit Kinderwunsch

Bevölkerungswachstum, zur Neige gehende Rohstoffe, globale Erwärmung, Naturkatastrophen - und mitten drin ein modernes Paar, das sich im Grunde ein Kind wünscht. Beide haben eine gute Ausbildung, kaufen Fair-Trade-Produkte und sind sich des biologischen Fußabdruckes, den wir alle hinterlassen, mehr als bewusst - aber sollen sie nun einen weiteren in diese Welt setzen?

Sendungshinweis:

„Der Tag in der Steierermark“, 23.01.2015

„Das Stück ist wie Musik“

Zuletzt inszenierte Regisseur Sam Brown an der Grazer Oper „La Favorite“ und sieht sich im Theater auch als Dirigent. Er siedelt Macmillans Stück auf einer mit Rindenmulch angestreuten Bühne an, die im Hintergrund von einer Wand begrenzt ist. Die Bühne stellt einen kahlen Wald dar: „Dieses Stück ist wie Musik, der Text ist die Partitur, die Schauspieler sind zugleich Sänger und Orchester - und wie diese Musik klingen sollte, war für mich Vergnügen und Herausforderung zugleich. Wir haben noch eine dritte Stimme hinzugefügt, eine leise Stimme, die den wissenschaftlichen Text ‚10 Milliarden Menschen‘ von Stephen Emmott zitiert“, so Brown.

"Atmen"

Schauspielhaus Graz/Lupi Spuma

„Die Lösung liegt in der Mitte“

Eine apokalyptische Zukunft, die Brown persönlich nicht ganz so pessimistisch sieht: „Wenn man das Leben nicht mehr genießen kann, dann bleibt nur, wie es auch im Stück heißt, sich das Leben zu nehmen, um die Welt zu verbessern. Andererseits mit geschlossenen Augen durch die Welt zu gehen, ist auch kein Weg - die Lösung liegt wohl in der Mitte.“

Der Wunsch des Autors ist eine neutrale Bühne, die Orte und Geschehen nicht abbildet: „Daher wollte ich, dass die Schauspieler agieren, ohne die Geschichte zu illustrieren. Ich wollte ihnen Mittel geben, um die emotionale Reise ihrer Charaktere ausloten zu können.“

"Atmen"

Schauspielhaus Graz/Lupi Spuma

Auslöschung oder Neubeginn

So haben Verena Lercher und Jan Brüggemann, in Gummistiefeln und Regenjacken, nur Malkübel und Pinsel als Requisiten. Im Laufe des Stücks übermalen sie die Waldwand mit weißer Farbe - Auslöschung oder Neubeginn? Sam Brown meint: „Sie zerstören sie. Die abgebildete Natur ist ja selbst künstlich. Zurück bleibt eine weiße Wand ohne Bäume. Mir gefällt die Idee, Dinge zu zerstören, um sie besser zu machen. Natürlich ist das nicht der Fall.“

Link: