Wie viel Afrika in Österreich steckt
Walter Sauer ist Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte und hat sich auf eine Reise durch das afrikanische Österreich begeben. Die Spuren sind in allen Bundesländern sehr zahlreich.
Gemeinsame Geschichte ist über 2.000 Jahre alt
Kein Wunder, sagt Sauer, schließlich gibt es eine gemeinsame Geschichte, die über 2.000 Jahre alt ist: „Man hat ja den Eindruck, Afrika ist weit weg und ist ganz anders als Österreich und Europa. Meine Ansicht ist genau umgekehrt, Afrika ist sehr nahe, unser Nachbarkontinent und ist nicht viel anders, außer dass Österreich ein Gewinner des Kolonialismus war und Afrika ein Verlierer.“
Mandelbaum Verlag
Tradition der Verständigung
In der Steiermark hat Walter Sauer einige sehr positive Beispiele für die Beziehungen zu Afrika gefunden: „Zum Beispiel war die Steiermark einer der Vorreiter der Entwicklungszusammenarbeit, weil schon zur Zeit von Erzherzog Johann fünf junge Ägypter in Vordernberg studieren durften, die ersten afrikanischen Studenten waren schon in den 1840er-Jahren in der Steiermark, viel früher als in anderen Bundesländern. In Graz gibt es den einzigen modernen, afrikanischen Seligen, der quasi religiös verehrt wird und zwar in der Marienkirche, das finden wir in ganz Österreich nicht. Das zeigt, dass hier sehr früh eine Tradition der Verständigung und es Miteinander vorhanden war.“
Andere Spuren führen bis ins Mittelalter zurück: So wurde aus den Wurzeln des Speiks - einer Pflanze, die eben in der Region rund um den Speikkogel wächst - ein intensiv duftendes Öl hergestellt. Dieses Öl war wegen seiner aphrodisierenden Wirkung vor allem in Nordafrika heiß begehrt. Im Heimatmuseum Oberwölz findet man noch Speikwerkzeug.
Selten Ablehnung während Arbeit
Die Recherchen für „Expeditionen ins afrikanische Österreich“ haben den Autor zehn Jahre lang beschäftigt, er kann daher den Stellenwert Afrikas in unserem Land sehr gut einschätzen: „Ich bin in meinen Recherchen kaum auf Feindseligkeit gestoßen, es war eher ein Überraschung, aha, bei uns im Dorf sollte irgendetwas auf Afrika hindeuten. Es war auch viele Freude, dass die Leute gesagt haben, ich habe schon gehört, da gab es vor vielen Jahren einen Afrikaner, schön dass sich jemand dafür interessiert. Selten war die Arbeit von Ablehnung geprägt.“
Sendungshinweis:
„Guten Morgen Steiermark“, 8.2.2015
Reiseführer mit Hintergrund
Aber es gibt natürlich auch die andere Seite. Walter Sauer beleuchtet auch die Rolle von Österreichern im Kolonialismus oder abwertende Darstellungen von Afrikanern in Karikaturen oder auch in Firmenlogos. „Expeditionen ins afrikanische Österreich“ bietet also viel Hintergrundinformationen. Der Autor will das Buch aber durchaus als Reiseführer verstanden wissen: „Wenn jemand am Sonntagnachmittag in Graz spazieren gehen möchte und die Kirchen alle schon gesehen hat, dann soll er die Korchen nach Afrika-Gesichtspunkten anschauen oder im Urlaub, wenn man etwas anderes Kulturtouristisches sehen möchte, was sehen wir in Tirol zu Afrika oder in Wien.“
Barbara Echsel-Kronjäger, ORF Steiermark