Flugangst ist wieder „verlernbar“

Viele Flugpassagiere steigen mit einem mulmigen Gefühl in die Maschine, andere meiden das Flugzeug gleich ganz. Flugangst ist weit verbreitet, doch sie kann überwunden werden. Betroffene berichten über ihre Erfahrungen.

„Das fängt schon zwei Tage vorher an, wenn ich nur an das Fliegen denke. Wenn ich dann das Flughafengebäude betrete, wird es mir ganz anders. Ich bekomme Magenkrämpfe und stelle mir alle möglichen Horrorszenarien vor. Wenn ich den Flieger sehe, könnte ich sofort umdrehen", erzählt ein von Flugangst Betroffener aus der Oststeiermark.

Wenig Verständnis aus dem Umfeld

Es sei Panik, die sich breit mache. Der Oststeirer steigt daher in keinen Flieger mehr. Er wolle sich selbst und seinen Mitreisenden diese Panikattacken mehr antun: „Ich bin da sofort auf Notprogramm. Man fängt zu schwitzen an, jedes kleinste Geräusch deutet auf einen Absturz hin. Es ist einfach keine Entspannung.“

Flugreisende sitzt zermürbt auf ihrem Gepäck am Flughafen

APA/dpa/Maurizio Gambarini

Viele verzichten lieber auf den Urlaub, als in ein Flugzeug zu steigen

Auch das Umfeld des Betroffenen leide: Auf seine Angst müsse Acht genommen werden. Das Verständnis anderer sei aber eher zurückhaltend. „Die sagen dann ‚tu nicht so blöd, es ist ja nur ein Flug‘“, schildert der Oststeirer.

„Jeder Flug kostet mir fünf Jahre meines Lebens“

Flugangst kann auch dem beruflichen Erfolg im Weg stehen: „Wenn man heute zu mir sagt, ich muss morgen nach New York, würde ich sagen ‚in zehn Minuten ein Termin im Personalbüro bitte, ich hole mir meine Papiere und der Job ist gewesen‘. Ich sage immer, die Flugangst kostet mir pro Flug fünf Jahre meines Lebens. Diese Angst zu überwinden, wäre schon ein befreiendes Gefühl.“

Sendungshinweis:

„Radio Steiermark am Vormittag“, 20.4.2016

Dass genau das möglich ist, beweist Viktor Ziegler. Er ist ehemaliger Betroffener und musste aus beruflichen Gründen seine Flugangst überwinden. Heute hält er Vorträge zum Thema und hat auch mehrere Bücher verfasst, das ein Überwinden der Flugangst erleichtern soll.

Von der Flugangst zum Pilotenschein

„1983 wurde ich Werbechef bei Austrian Airlines, bis zu diesem Zeitpunkt bin ich 15 Jahre lang nicht geflogen. Und als Werbechef einer Fluglinie musst du dann den Menschen erklären, wie wunderschön das Fliegen ist und wie es sich anfühlt, über den Wolken zu sein. Wenn man selbst nicht fliegt, geht das nicht. Ich musste überlegen, wenn ich Karriere machen will, muss ich meine Flugangst in den Griff bekommen“, erzählt Ziegler.

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ORF

Viktor Ziegler hat seine Flugangst überwunden: Sie ist „verlernbar“, sagt er

Ziegler habe mit Therapeuten und Technikern gesprochen und ein eigenes Programm erarbeitet. Dieses habe so gut gewirkt, dass er mittlerweile sogar den Pilotenschein gemacht hat.

Teufelskreis Flugangst

Aus dem Teufelskreis gelte es laut Ziegler herauszukommen, dabei helfe es, seinen eigenen Körper auch besser kennenzulernen: „Der Körper bereitet sich darauf vor, indem er schwitzt, der Blutdruck steigt, die Atmung wird schneller. Das sind alles Symptome von Angst. Aber man weiß nicht, warum man diese Symptome verspürt. Jetzt sitzen Sie im Flugzeug und schwitzen, zittern, bekommen keine Luft mehr und damit steigert sich die Angst, weil Sie nicht wissen, dass der Körper sich auf Kampf oder Flucht vorbereitet. Aber im Flugzeug brauchen Sie weder kämpfen noch fliehen. Und das ist ein Teufelskreis, aus dem man entkommen kann, wenn man ihn kennt.“

Viktor Ziegler berichtet auf Radio Steiermark über den „Teufelskreis Flugangst“:

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Angst sei etwas Positives, das solle sich jeder, der an einer Angst leidet, immer wieder vorsagen. Sie sei evolutionär dazu da, Menschen zu schützen. Ängste sind laut Ziegler aber durch schlechte Erfahrungen, negative Medienberichte oder Erzählungen von Freunden erlernt. „Das Positive ist: Alles was man gelernt hat, kann man wieder verlernen“, sagt Ziegler.