Hund und Mensch - eine Seelenverwandtschaft

„Hunde sind kluge Gefühlsmenschen“, ist sich Autor Kurt Kotrschal sicher. Dem Geheimnis der Seelenverwandtschaft zwischen Hund und Mensch will der Wissenschaftler in seinem neuen Buch auf den Grund gehen.

Auf rund acht Millionen Österreicher kommen etwa 750.000 Hunde - in rund 20 Prozent der heimischen Haushalte gehört also mindestens ein Hund zur Familie. Manchmal wird da oft gemeint, dass der Vierbeiner „vermenschlicht“ werde - geht es nach dem Verhaltensforscher und Biologen Kurt Kotrschal, ist das selbstverständlich. Kotrschal ist Professor an der Uni Wien, leitet die Konrad-Lorenz-Forschungsstelle Grünau und ist Mitbegründer des Wolfsforschungszentrums in Ernstbrunn. Sein Buch „Wolf, Hund, Mensch" wurde 2013 als Wissenschaftsbuch des Jahres“ ausgezeichnet.

In seinem neuen Buch „Hund und Mensch. Das Geheimnis unserer Seelenverwandtschaft“ schreibt Kotrschal von einer „wundersam unentbehrlichen Beziehung“, denn seit mehr als 30.000 Jahren leben Hunde und Menschen zusammen. Die positiven Auswirkungen dieser Beziehung werden schon lange vermutet, in den letzten Jahren werden sie jedoch mehr und mehr wissenschaftlich belegt: „Kinder entwickeln sich besser und selbstständiger zu sozial kompetenteren Erwachsenen - und das ist heute keine Kleinigkeit“, führt Kotrschal etwa an.

Ein besseres Miteinander dank vier Pfoten

So schreibt er in seinem Buch über eine Untersuchung, die er an einer Wiener Volksschule durchgeführt hat: Für mehrere Wochen war ein Hund in einer Klasse anwesend. Das Geschehen im Klassenzimmer wurde mit einer Videokamera aufgezeichnet, das Ergebnis überraschte auch die Wissenschaftler: Allein die Anwesenheit des Hundes führte zu einem besseren Miteinander in der Klasse, schüchterne Kinder suchten den Kontakt zu anderen und beteiligten sich mehr am Unterricht.

Cover

Brandstätter Verlag

Buchtipp:

„Hund und Mensch. Das Geheimnis unserer Seelenverwandtschaft“ von Kurt Kotrschal (ISBN 978-3-7106-0054-8) ist im Brandstätter Verlag erschienen und kostet 24,90 Euro

Diese positive Wirkung gelte aber auch für Erwachsene: „Hunde können Menschen, gerade jene, die in prekären Arbeitsverhältnissen, in stressigen Stadtsituationen leben, in ihren sozialen Grundbedürfnissen erden“, ist sich Kotrschal sicher.

Kein Facebook-Chat mit dem Haushund

Während das Leben sich immer mehr beschleunige und Beziehungen, die uns eigentlich absichern könnten, verschwinden, könnten Hunde demnach helfen: „Ein Hund ist zwar kein Ersatz für einen menschlichen Sozialkontakt, aber ein Hund braucht Face-to-Face-Kommunikation. Mit dem kann ich nicht via Handy über Facebook kommunizieren, da muss ich mich schon persönlich bemühen.“

Hunde als „Gefühlsmenschen“

Ein Hund biete daher „eine essenzialisierte, eine emotionale Beziehung“ - und könne viel für Menschen tun, wenn man das Verhältnis ernst nehme. So sprechen Biologen etwa nicht mehr von Menschen und Tieren, sondern von Menschen und anderen Tieren.

Und Kotrschal schreibt davon, dass Hunde Gefühlsmenschen sind: „Wir haben auch gute Belege dafür, dass nicht nur Hunde, sondern auch viele andere Wirbeltiere Emotionen mit uns teilen, weil wir sehr große Ähnlichkeiten bezüglich unseres sozialen Hirns haben. Im Wesentlichen sehen Menschen und Hunde ein bisschen anders aus, aber das soziale Modell in uns tickt verdammt ähnlich - was Hundebesitzer immer schon wussten, können wir Wissenschaftler heute bestätigen“, so der Autor.

Warum nicht jeder einen Hund haben sollte

Trotzdem sieht der Wissenschaftler das Verhältnis Mensch - Hund nicht durch die rosarote Brille, und auch wenn er dieses Buch allen widmet, „denen das Leben mit Hunden ein Bedürfnis ist und allen jenen, die dieses Glück noch für sich entdecken werden“, sagt er ganz klar, dass nicht jeder einen Hund haben sollte.

Sendungshinweis:

„Guten Morgen, Steiermark“, 23.10.2016

„Wenn man die sozialen Bedürfnisse eines Hundes nicht erfüllen, dem Hund kein guter Partner sein kann, dann kann man auch nicht erwarten, dass man vom Hund viel zurückbekommt, dass er ein guter Sozialpartner für einen selbst ist. Wenn man acht Stunden am Tag arbeiten muss, den Hund nicht mitnehmen kann und niemanden hat, der sich um ihn kümmert, dann soll man sich keinen Hund zulegen. Vier, vielleicht fünf Stunden ist das Maximum, wo ein Hund alleine bleiben kann“, so der Experte.

„Katzen sind auch sehr nette Tiere“

Denn auch Hunde, die auf den ersten Blick damit keine Probleme haben, zeigen bei Untersuchungen hohe Stresshormone: „Länger alleinlassen ist für einen Hund nicht gut. Und wenn man das muss, dann soll man es bleibenlassen, vielleicht auf eine bessere oder andere Lebensphase warten, sich in der Zwischenzeit mit einer Katze begnügen - Katzen sind auch sehr nette, zum Teil sehr soziale Tiere. Und denen macht es weniger aus, wenn sie einmal einen Tag allein in der Wohnung sind.“

Link: