Einblicke in die Grazer Kunstgeschichte

„rotor", das Grazer Zentrum für zeitgenössische Kunst“, gibt Einblicke in sein Archiv und damit in die Geschichte des Grazer Kulturvereins. Die Ausstellung erfolgt in zwei Etappen, ab Herbst soll es auch eine Publikation geben.

Ein „Productive wild Archive“ - wörtlich ein produktives wildes Archiv - haben die rotor-Leiter Margarethe Makovec und Anton Lederer seit 1994 angelegt.

Die Ausstellung „Productive wild Archive“ ist bis 10. Juni in der Grazer Volksgartenstraße zu sehen.

Kunstprojekte aus fast 25 Jahren

Briefe, Postkarten, Fotos, Videokassetten, Zeitungsartikel und Poster dokumentieren die vielen nationalen und internationalen Projekte und Kunstproduktionen von fast 25 Jahren mit dem frühen Blick nach Süd- und Südosteuropa, unter anderem umgesetzt im Projekt Balkankonsulat.

Frachtpapiere für eine Videokassette aus Odessa

rotor

Die Frachtpapiere für eine Videokassette aus Odessa

Ein Sichten und Innehalten sei dringend notwendig gewesen, so Margarethe Makovec und Anton Lederer, die beim Blick in die vielen Ordner und Schachteln selbst überrascht wurden, etwa von einem ukrainischen Frachtpapier samt Videokassette in einem verplompten Plastiksackerl: „Jetzt haben wir im Archiv die Transportscheine, eine Quittung aus der Ukraine dazu aufgehoben und kurioserweise eben diese originale Zollplombierung“, sagt Anton Lederer.

Veränderungen im Südosten spürbar

Im Rückblick zeigen sich aber auch die großen Veränderungen in den südosteuropäischen Ländern: „Ich denke jetzt nur zum Beispiel an unsere ungarischen Kolleginnen, die damals auch Positionen wie die Direktion der Kunsthalle innegehabt haben, und das hat sich alles durch die politischen Veränderungen der letzten Jahre dahingehend gewandelt, dass wir letztes Jahr zum Beispiel die Off-Biennale unterstützt haben in Budapest, weil die Personen, mit denen wir kooperiert haben, in den Positionen nicht mehr sind“, sagt Margarethe Makovec.

Mehr Hoffnung in den 90ern spürbar

Dasselbe gelte auch in Ex-Jugoslawien: „Wo man merkt, dass sich eigentlich vieles retour entwickelt, wo ich finde, dass in den 90er-Jahren, nach dem Krieg, das schon fortschrittlicher Geist war und auch vielmehr Hoffnung.“

Inside Annenviertel Rotor

Karin Lernbeiß

Aus der Fotoserie „Inside Annenviertel“ im Jahr 2012

Im Gegenzug hätten viele kulturelle Zentren dort auch Einfluss auf die Arbeit im rotor geübt, so Anton Lederer: „In Bezug auf die Kunstszene Ungarns sind wir einige Jahre lang relativ regelmäßig in die Stadt Dunaujvaros gefahren, weil zu dem Zeitpunkt dort ein Kurator tätig war, der eine federführende Arbeit geleistet hat, außerhalb des Zentrums. Das hat sich mittlerweile ganz aufgehört.“

Sendungshinweis:

„Der Tag in der Steiermark“, 9.3.2017

Bei Durchsicht der Unterlagen rund ums Jahr 2000 merke man aus der Distanz nun, welche entscheidende Arbeit geleistet wurde, sagt Lederer, und wie das auch auf das Denken in Bezug auf die Kunst Ungarns oder die Kunst Osteuropas zurückgewirkt habe; umgekehrt hätten im Zuge des Austauschs viele steirische Künstler erstmals in diesen Ländern gearbeitet.

Fortsetzung im Juni und im Herbst

In einem ersten Schritt zeigt die Ausstellung Archiv-Schätze bis einschließlich 2006, der zweite Teil folgt dann im Juni. Zur Kunstproduktion der vergangenen Jahre erscheint im Herbst auch eine umfassende Publikation. Fünf künstlerische Positionen, die den rotor maßgeblich beeinflußt haben, werden außerdem im steirischen herbst gezeigt.

Bis Ende des Jahres sollte sich auch der zukünftige Fokus des rotor herauskristallisiert haben, so Makovec: „Wir sind jetzt in einer sehr herausfordernden Zeit in Europa und auch anderswo auf der Welt, und ich glaube, wir werden auch gefordert werden in der Zukunft.“

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