Niemand ist für sich allein

Dass es „miteinander“ besser geht als „gegeneinander“, ist keine Binsenweisheit, sondern ein über Jahrmillionen erprobtes Prinzip in der Natur. Das zeigt nun auch der Münchener Zoologe Josef Reichholf in seinem neuen Buch „Symbiosen“.

"Symbiosen"

Verlag Matthes & Seitz

Buchtipp:

„Symbiosen“ von Josef Reichholf und Johann Brandstetter ist Berliner Verlag Matthes und Seitz (ISBN 978-3-95757-366-7)erschienen und kostet rund 40 Euro

„In den Urwäldern Madagaskars gibt es eine Orchidee mit so einem bizarren Bau ihrer Blüten, dass man sie für eine Missbildung hätte halten können: Alle Teile der Blüten sind in die Länge gezogen und bilden eine milchig weißen, leicht grünlich getönten Stern - darauf bezieht sich der deutsche Name Stern von Madagaskar. Am längsten ist der Sporn, eine dünne Röhre, an deren Spitze im Inneren Nektar abgesondert wird - nicht viel, aber immerhin. Dieser Sporn misst bis zu 45 Zentimeter, was nicht nur lang ist, sondern zu lang geraten erscheint, denn wer soll aus dieser Röhre Nektar holen, wenn dieser nur am untersten Ende abgesondert wird?“ Ein Schmetterling ist es, der dieses Kunststück mit seinem langen Saugrüssel zu Wege bringt: Ein großer Nachtfalter namens Xantophan morganii, der dafür den Pollen der Blume weiterträgt.

Ganz so wie das die Bienen tun - was zur nächsten spannenden Symbiose führt: Honig macht es nämlich möglich, dass der Honiganzeiger die Menschen der Savanne für sich arbeiten lässt. Der etwa starengroße Vogel führt die Menschen ganz gezielt zu Bäumen, in denen wilde Bienen nisten. Gegen die hätte der Vogel nie ein Chance, die Menschen, die ein Feuer mit viel Rauch entfachen, aber sehr wohl. So holen die Menschen die Honigwaben aus dem Bau, nehmen den Honig raus und lassen dem Vogel das Wachs, das er verzehrt, dazu kommt noch der Eiweiß-Schub in Form der Bienen-Larven.

Ebenfalls das Essen als Basis hat die Symbiose zwischen den Madenhackern und Antilopen, Giraffen und Büffeln bzw. deren Entsprechung im Wasser in Form der Putzerfische: Scheinbar völlig altruistisch befreien sie ihre Wirtstiere von lästigen Zecken, hacken aus offenen Wunden Maden oder knabbern ihnen andere Parasiten vom Leib.

Sendungshinweis:

„Guten Morgen, Steiermark“, 2.7.2017

300 Seiten voller Überraschungen

So oder so ähnlich geht es dahin - rund 300 Seiten lang, bei denen man aus dem Staunen nicht herauskommt: Ohne Symbiosen gäbe es keine grünen Pflanzen, keine süßen Früchte, und der Mensch müsste auf seinen angeblich treuesten Begleiter, den Hund, verzichten.

Leicht verständlich, aber nie oberflächlich

Im seinem Buch macht der Zoologe Josef Reichholf mehr als deutlich, wie lebensnotwendig Kooperationen sind, denn nichts und niemand in der Natur ist eine Insel für sich allein. Auch Reichholf nicht, der für dieses Buch eine interessante Symbiose mit dem biologischen Illustrator Johann Brandstetter einging. Gemeinsam schufen sie ein Werk, das einem viele Aha-Erlebnisse beschert, das aber ob seiner leicht verständlichen, jedoch trotzdem nie oberflächlichen Sprache durchaus auch als Urlaubslektüre geeignet ist.

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