Auf Gerhard Roths Foto-„Spuren“

Schriftsteller Gerhard Roth hat einen neuen Band vorgelegt - einen Bildband mit Fotografien mit dem Titel „Spuren“, denn Roth ist auch ein leidenschaftlicher Fotograf. Das Grazer Literaturhaus zeigt einige seiner Bilder.

Das Unbeachtete, das Beiläufige beschreibt Gerhard Roth nicht nur in vielen seiner Romane, auch als Fotokünstler lenkt er seinen Blick auf leicht zu Übersehendes, auf Vergängliches: Eisgebilde, Rost oder Schattenspiele.

Für seinen jüngsten Bildband „Spuren“ hat Roth sich auf Spurensuche in der Natur rund um sein steirisches Domizil bei St. Ulrich in Greith begeben. Entstanden sind wundersame, vieldeutige Mikrokosmen, die an Malerei oder Zeichnungen erinnern.

Gerhard Roth: "Spuren"

Residenz Verlag

Parasol und Vogelkot

Gerhard Roths neuer Bildband hat ein goldgelbes Cover, das eine zarte Spur im ausgetrockneten Boden zeigt. Das Fotografieren begleitet den Schriftsteller seit jeher, als Notizhilfe für seine Romane, als Ausgleich oder zuletzt als Spurensuche. Die Deutung der Fotos überlässt er sonst aber ganz dem Betrachter, kein Bild trägt einen Titel: So zeigt ein Bild etwa laut Roth „die Schrift des Borkenkäfers“, ein anderes einen Parasol, andere Fotografien zeigen Vogelkot.

Gerhard Roth: "Spuren"

ORF

„Fotografischer Blindflug“

„Früher habe ich das im Vorbeigehen gemacht - ich bin ja jetzt 40 Jahre heraußen in der Südsteiermark und habe mit zwei ganz primitiven Kameras begonnen, die hatten kein Blitzlicht und keinen Belichtungsmesser - und so habe ich das Fotografieren richtig gelernt“, so Roth. „Dann habe ich immer bessere Kameras geholt, aber es war ein gewisser Reiz - dieser fotografische Blindflug, man nimmt auf und weiß nicht, was herauskommt.“

„Ich wollte sehen, was wir übersehen“

Im Laufe der Zeit habe er seine Technik immer mehr verfeinert, so Roth: „Seitdem ich digital fotografiere, schaut man ein Motiv an und entdeckt, das wäre auch ein Bild. Dann hatte ich im Kopf immer die mikroskopischen Bilder, die mir als Kind mein Vater gezeigt hat. Ich weiß noch genau, wie sie ausgesehen haben. Dann bin ich eines Tages konzentriert auf die Spurenlesung gegangen - es boten sich an eine Fischwanne, altes Holz oder Einschusslöcher von Gewehren auf Wiesen - es waren unkomplizierte Sachen. Ich wollte sehen, was wir übersehen.“

Gerhard Roth Fotoausstellung

ORF

„Nichts gibt es nicht“

Die Summe der Bilder, die in der Überfülle oftmals übersehen würden, gebe dann eine eigene Welt, meint der Schriftsteller und Fotograf: „Die Welt des Übersehenen. Man sieht, wie großartig diese Welt sein kann. Ich bin ja durch das Mikroskopieren und Besuche der Sternwarte über die Wahrnehmungsgrenze, die von den Augen vorgegeben ist, oft schon hinausgegangen - und es ist erstaunlich, wie eindringlich und sich verdichtend die Welt weiterbesteht. Das Nichts gibt es nicht - desto weiter man fortschreitet, desto mehr erscheint eine andere Welt.“

Gerhard Roth: "Spuren"

ORF

Die beiläufigen Dinge

Lebewesen in dem Sinn gibt es nicht in dem Bildband, es gibt eine kleine Auswahl an Bildern von toten Tieren, Menschen sind nicht abgebildet. „Ich habe diese Gegend genau mit Tausenden Fotografien abfotografiert. Ich kannte alle Menschen hier, irgendwann kam der Versuch, anderes zu fotografieren. Zuerst gab es Reisefotografien, dann bin ich zu den Gugginger Künstlern gegangen und habe mir ihre Bilder angesehen - und so bin ich auf die sehr subjektive Weltdarstellung gekommen. Da ist mir eingefallen, wie anders die Welt aussieht, wenn man sich auf die beiläufigen Dinge konzentriert“, so Roth.

Licht und Schatten

Nach einem Knöchelbruch sei es am intensivsten gewesen, da habe er, weil er nicht so weit habe gehen können, einfach nur Schatten oder Spiegelreflexe und Licht fotografiert, „Licht und Schatten, die jeder übersieht“.

Sendungshinweis:

„Der Tag in der Steiermark“, 18.1.2018

„Inspirationsbuch“

Einsamkeit sei ein Thema im Bildband, denn die Einsamkeit brauche er, „um über die eigenen Gedanken nachzudenken oder ihnen auf den Grund zu gehen“, so Roth. Wenn er zwischen Literatur und Fotografie entscheiden müsste, würde er auf die Fotografie verzichten, meint Roth: „Aber, wenn ich mich auf das Medium einlasse, dann will ich das hundertprozentig machen. Die Fotografien übertragen Energie, sie inspirieren mich, etwas zu schreiben; das Buch ist ein Inspirationsbuch.“

Gerhard Roth: "Spuren"

ORF

Bis 8. März sind Gerhard Roths „Spuren“ im Grazer Literaturhaus ausgestellt. Der gleichnamige Bildband ist im Residenz-Verlag erschienen.

Links: