20. Opernredoute: Auf ein Bier mit Dagmar Koller

In weniger als 70 Stunden sorgen Gerald Trummer und Hannes Peindl mit ihrem Team dafür, dass die Ballgäste am Abend durch das ganze Opernhaus flanieren können. Dahinter steckt allerdings monatelange Vorbereitung.

Sie transportieren riesige Bühnenbilder aus der Montagehalle, bringen Dekorationen an ihren Platz, bauen Sessel ab, räumen Logen aus - und sie sorgen dafür, dass der Parkettboden unter dem Walzerschritt nicht zusammenbricht: Aus rund 40 Mann besteht die Hausmannschaft der Oper, 25 Personen kommen für die Redoute dazu. Gerald Trummer und Hannes Peindl leiten die Bühnentechnik in der Oper – seit 19 Jahren auch für die Opernredoute.

30 Jahre Theatermagie

Gerald Trummer ist seit 33 Jahren an der Oper. Nach seiner Lehre zum Tapezierer und Bettwarenerzeuger bewarb er sich am Opernhaus. „Ich habe das Bewerbungsschreiben ausgefüllt und nie mehr damit gerechnet, dass da etwas zurückkommt“, sagt Trummer. Zwei Jahre später kam doch ein Anruf, und Trummer begann seine Arbeit als Tapezierer. Im Jahr 1996 wurde er Bühnenmeister, genau wie sein Kollege Hannes Peindl.

Hannes Peindl und Gerald Trummer, Leitung Bühnentechnik Oper

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Hannes Peindl und Gerald Trummer

Als Schüler war Hannes Peindl mit seiner Klasse in der Oper - das Stück „My Fair Lady“ wurde aufgeführt. „Die Vorstellung selbst hat mich überhaupt nicht interessiert. Aber ich war fasziniert von dem, was auf der Bühne beim Umbau passiert“, erzählt Peindl. Nach seiner Lehre zum Tischler bewarb auch er sich an der Grazer Oper. Nach drei Tagen konnte er anfangen und ist mittlerweile 30 Jahre am Haus. „Alle, die länger als ein oder zwei Jahre da sind, bleiben ein Leben lang. Du wirst gefangen von dieser Magie“, sagt Peindl über die Faszination Theater.

Vom Keller bis zum Dach

Auch die Opernredoute hat ein eigenes Flair: „Den Ballsaal gibt es nur einmal im Jahr. Noch dazu wird das ganze Haus geschmückt und ist vom Dach bis zum Keller für das Publikum zugänglich“, sagt Gerald Trummer. Das ist auch eine Herausforderung, denn das Opernhaus ist nicht für so einen Ball konzipiert: Bereiche wie etwa die Montagehalle, in der die Bühnenbilder für die Vorstellungen in der Oper lagern, müssen ausgeräumt und neu dekoriert werden - für eine Nacht ist die Halle nämlich ein Restaurant und eine Tanzbar, was natürlich einer Organisation im Vorfeld bedarf.

Dekoration Opernredoute

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Die Säulen müssen werden vom Dekorationsfundus in die Oper gebracht

Schon zwei Monate vor der Opernredoute wird geplant, welche Bühnenbilder wann abtransportiert werden und welche Dekorationen angeliefert werden. Zwei Wochen vor dem Ball werden Lkws bestellt, die die riesigen Materialien an den richtigen Ort bringen.

Walzerschritt als zusätzliche Belastung

Wenn am Mittwoch um 22.30 Uhr „Eine Nacht in Venedig“ endet, dann beginnt für Trummer und Peindl die Opernredoute - die Vorstellung wird abgebaut. Bis in die frühen Morgenstunden muss die Bestuhlung im Parterre und am Balkon ausgeräumt sein. Im Zuschauerraum baut das Team ein Zwischenplateau und Ausgleichspodeste ein, damit die Ballbesucher einen ebenen Tanzboden unter den Füßen haben. Das Tanzparkett muss außerdem extrem stabil sein, damit die gleichen Schwingungen, die durch das Walzertanzen entstehen den Boden nicht ins Wanken bringen.

Opernredoute, Aufbauarbeiten, Tanzparkett

Gerald Trummer

In ein paar Stunden wird aus dem Zuschauerraum ein Tanzparkett

Man habe sich über die Jahre nach vorne getastet, sagt Peindl, „aber am Anfang war das schon recht schwierig, bis man das beste System herausgefunden hat. Zu Beginn haben wir einen Stahlbau verwendet, und der hat aus 4.000 bis 5.000 einzelnen Stahlstücken bestanden. Mittlerweile haben wir eigene Ausgleichspodeste aus Holz gebaut“, so Peindl.

Opernredoute 2017

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„Der Parkettboden ist das ganze Jahr bei uns im Haus und wird gehegt“, sagt Gerald Trummer. Der Boden darf keinen Temperatur- oder Feuchtigkeitsschwankungen ausgesetzt sein, damit sich das Holz nicht verzieht. Die einzelnen Parkettteile sind nummeriert und können nicht ausgewechselt werden. „Die haben schon Gebrauchsspuren und passen sonst nicht mehr zusammen“, so Trummer.

Disco kommt zurück ins Opernhaus

Große technische Veränderungen hat es für die Bühnenmeister in den vergangen Jahren nicht gegeben. Einzig zwischen erster und zweiter Opernredoute wurde die Diskothek von der alten Thalia bzw. dem Next Liberty in das Opernhaus verlegt – aus Kostengründen und weil sich das Ballgeschehen zu sehr verloren hatte.

Die beiden Gebäude sind durch eine Glasbrücke und Lagerhallen verbunden - für die Redoute mussten damals extra zwei Gänge gebaut werden: Ein Gang aus Gipskartonplatten führte von der Oper durch die Lagerhallen zum Next Liberty, der andere war ein Zeltgang, verband die Gebäude im Außenbereich und musste beheizt werden - dieses Konzept wurde bald aufgegeben.

Diskodekoration, Opernredoute

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Die Dekoration für die Disko wartet auf den Transport in die Oper

Enge Logen und impulsive Gäste

Am Tag der Opernredoute selbst arbeiten Trummer und Peindl in Schichten. Trummer bleibt bis 18.00 Uhr und kommt in der Früh wieder, wenn der Abbau beginnt. Die Nachtschicht – im Theaterjargon „Pflichtbesetzung“ – während des Balls übernimmt Hannes Peindl. Umbauten gibt es keine mehr, „aber es bedarf natürlich vier bis fünf hauseigener Leute auf der Bühne, falls doch etwas passiert“, so Peindl.

Immer wieder gebe es Kleinigkeiten zu lösen - wenn etwa zusätzliche Sessel benötigt werden oder ein Tisch in der Loge repariert werden muss. „Wenn ein Gast zu impulsiv aufgestanden ist und den Tisch mitgenommen hat, dann kommen wir und montieren einen neuen. Manchen Gästen ist es auch zu eng, dann schrauben wir den Tisch heraus und stellen Stehtische auf“, erzählt Peindl.

Dagmar Kollers unvergessener Auftritt

An so einem Abend lernt man auch viel Prominenz kennen. Zwei Gäste sind Hannes Peindl besonders in Erinnerung geblieben: Im Jahr 2001 besuchte der Wiener Alt-Bürgermeister Helmut Zilk die Opernredoute, seine Frau Dagmar Koller trat bei der Mitternachtseinlage mit einigen Liedern auf. Gemeinsam mit einem als Double verkleideten Alfons Haider sang sie eine „Hello Dolly“-Version. „Es war der schwierigste Auftritt meines Lebens. Ich war mir so unsicher, wie die Koller selbst“, sagte Alfons Haider damals.

Sendungshinweis:

„Guten Morgen, Steiermark“, 27.1.2018

An das erinnert sich Hannes Peindl gerne zurück, war er es doch, der Dagmar Koller damals beruhigte. „Sie war extrem nervös, und da sind wir dann zusammen ein Bier trinken gegangen vor ihrem Auftritt, damit sie beruhigt ist. Und als der Helmut Zilk erfahren hat, dass ich sie beruhigt habe, hat er mich sogar in die Loge auf ein Glas Wein eingeladen. Das hat mich sehr gefreut“, erzählt Peindl.

Grundnervosität auch bei Peindl

Auch Hannes Peindl ist selbst nach 19 Jahren Opernredoute-Erfahrung noch aufgeregt: „Man ist schon so lange im Betrieb und glaubt, nicht mehr nervös zu sein, aber so eine Grundnervosität hat man trotzdem“, sagt er. Das sei bei jeder Vorstellung so, man wisse nie, was auf einen zukommt. Immerhin passiert alles live, und überall arbeiten Menschen, die Fehler machen können. „Das kann man im Vorfeld nie planen. Das ist auf der einen Seite schön, aber ab und zu auch beängstigend“, so Peindl.

„Nur Dasein funktioniert nicht“

„Die Opernredoute ist etwas Einmaliges und sicher kein Job wie jeder andere. Man kann schon stolz sein, dass man da mitwirken kann“, sagt Gerald Trummer. Sein Kollege sieht das ebenso. „Ich glaube, einfach nur Dasein funktioniert in dieser Arbeit nicht - das ist zu wenig. Das gilt auch für die Leute auf der Bühne. Ein jeder ist ein bisschen stolz und macht seine Arbeit mit Leidenschaft“, sagt Hannes Peindl.

20. Opernredoute „glitzert, funkelt, prickelt“

„Es wird glitzern, funkeln, prickeln“, kündigte die Grazer Opern-Intendantin Nora Schmid bei der Programmpräsentation der 20. Opernredoute an. Beim Jubiläumsball ist einiges neu - etwa ein nicht ganz menschliches Conférencier-„Duo“. Auch hat sich viel Prominenz angekündigt - mehr dazu in Viel Prominenz bei 20. Grazer Opernredoute und in 20. Opernredoute „glitzert, funkelt, prickelt“.

Und nicht nur die Ballbesucherinnen schlüpfen für die Opernredoute in ihre schönsten Roben - mehr dazu in Kleider machen Leute -, auch die Oper selbst bekommt jedes Jahr ein neues „Ballkleid“ - mehr dazu in Ein neues „Ballkleid“ für die Oper. Für den Blumenschmuck wiederum ist seit Anbeginn Rudolf Hajek verantwortlich. Der Florist erklärt, warum die Arbeit herausfordernd ist und er sich freut, wenn die Blumen „abmontiert“ werde - mehr dazu in „Carpe Diem“ für eine rauschende Ballnacht.

„Ich bin der festen Überzeugung, dass die Opernredoute aus dem gesellschaftlichen Leben unserer wundervollen Stadt und unseres wunderschönen Landes nicht wegzudenken ist“, sagt Organisator Bernd Pürcher über den Stellenwert des Balles. Das Event sei Treffpunkt für Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Medien, Kultur und Sport - mehr dazu in „Opernredoute muss Opernredoute bleiben“.

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