„Opernredoute muss Opernredoute bleiben“

Die Opernredoute, der glamouröseste Ball der Steiermark, geht heuer bereits zum 20. Mal über die Bühne. Organisator Bernd Pürcher blickt zurück auf die Anfänge, erzählt von seinem schönsten Erlebnis und warum einmal das Bier ausging.

„Ich bin der festen Überzeugung, dass die Opernredoute aus dem gesellschaftlichen Leben unserer wundervollen Stadt und unseres wunderschönen Landes nicht wegzudenken ist“, sagt Bernd Pürcher über den Stellenwert des Balles. Das Event sei Treffpunkt für Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Medien, Kultur und Sport.

Ein Ball in der Oper – keine neue Idee

Die erste Opernredoute fand am 9. Jänner 1999 statt - schon damals war Bernd Pürcher Teil des Opernredoute-Teams. Ein Jahr später wurden er und der ehemalige „art + event“-Geschäftsführer Michael Tomec mit der Organisation betraut, seit 2016 zeichnet Pürcher alleine für die Organisation verantwortlich.

Michael Tomec, Bernd Pürcher, Opernredoute

Philipp Schulz

Michael Tomec und Bernd Pürcher auf der Opernredoute 2015

Immer wieder gebe es Menschen, die die „Erfindung“ der Opernredoute für sich reklamieren würden, erzählt Pürcher - so eindeutig könne man das aber nicht sagen. „Nach meinem Wissensstand hat es immer wieder die Idee gegeben, einen Ball in der Oper zu veranstalten“, so der Organisator. Das aber war technisch nicht möglich: Hätte man die Bestandbestuhlung im Parterre herausgenommen, wäre der Saal nicht mehr wieder herzustellen gewesen.

Ball zum Jubiläum

Bis zum Jahr 1999: Da wurde das 100-jährige Bestehen des Grazer Opernhauses gefeiert und der Zuschauerraum renoviert. Unter den neuen Sitzen wurde eine Konstruktion eingebaut, die seither auch das Tanzparkett für die Opernredoute hält - mehr dazu in 20. Opernredoute: Auf ein Bier mit Dagmar Koller.

Opernredoute 2004

Opernredoute

Seit damals hat sich einiges verändert: Mit der neuen Organisation unter Pürcher und Tomec kamen neue Ideen und sukzessive wurde die Opernredoute weiterentwickelt. „Es ist ganz sicher - so wie bei allem im Leben - immer eine gewisse Art von Veränderung und Erneuerung zu berücksichtigen. Das sind schließlich die einzigen Konstanten, die es im Leben gibt“, sagt Bernd Pürcher.

Philharmonisches Orchester in voller Stärke

Unter dieser Leitlinie sind auch die zahlreichen Änderungen zu sehen. Selbst die musikalische Gestaltung wandelte sich in den vergangenen 19 Jahren: In den Anfangszeiten trat der deutsche Sänger Max Raabe mit seinem Palastorchester auf - der Musikstil ist allerdings mehr für Konzerte und weniger zum Tanzen geeignet. Daher musizierte später das Johann Strauß Ensemble, bevor sich aus dem Grazer Philharmonischen Orchester das Grazer Salonorchester herausbildete. Mittlerweile teilen sich das Salonorchester mit Walzerklängen und das Sigi-Feigl-Orchester mit Big-Band-Sound die Bühne.

Opernredoute 2012, Philharmonisches Orchester

Opernredoute

Warten auf den Dirigenten

Etwa 120 Künstler verwandeln das Opernhaus in ein einziges Klanggebilde. Dazu kommen 100 Debütantinnen und Debütanten sowie die Kinder und Jugendlichen der Ballettschule der Oper Graz.

Die Musik für die Polonaise wird von den Tanzschulen vorgeschlagen. Heuer werden die Debütanten Musik aus Giuseppe Verdis „La Traviata“ und zu „Di quella pira“ aus der Oper „Il Trovatore“; außerdem wird zum „Estudiantina Walzer“ von Emile Waldteufel getanzt und zu Zequinha de Abreus „Tico Tico no Fubá“, der erste Samba in der Geschichte der Opernredoute.

Motto mit künstlerischer Freiheit

Als Nora Schmid im Jahr 2015 an die Grazer Oper kam, hatte die Intendantin auch einige Neuerungen für die Opernredoute mit im Gepäck - zum Beispiel die Einführung eines Mottos. „Wir haben immer gesagt, die Opernredoute ist Motto an sich“, sagt Bernd Pürcher. Mit einem Motto aber könne man sehr gut spielen – bei der Musikauswahl, bei der Eröffnung, bei der Mitternachtsshow. „Wir orientieren uns mit ein bisschen künstlerischer Freiheit am Spielplan der Oper“, sagt der Organisator.

Alfons Haider, Opernredoute 2013

Opernredoute

Conférencier Alfons Haider mit einer Tänzerin aus der Ballettschule der Oper Graz, Opernredoute 2013

Mit der neuen Intendantin kam auch ein neuer Conférencier: Nachdem Alfons Haider viele Jahre die Redoute moderiert hatte, sollte es auch hier eine Veränderung geben. Nun tritt jedes Jahr ein anderer Conférencier auf: Heuer wird der Puppenspieler Nikolaus Habjan mit seinem „Opernstar“, der Puppe Gisela Hering, durch die Eröffnung führen.

Balance zwischen Altbewährtem und Überraschung

Ein weiterer Grund, warum die Conférenciers jedes Jahr wechseln, liegt in Pürchers Organisationsphilosophie: „Ich glaube, das ist die Kunst, dass wir auf der einen Seite die Erwartungshaltung unseres Publikums mindestens erfüllen. Darüber hinaus wollen wir diese Erwartungshaltung immer ein bisschen brechen - aber nicht zu sehr, weil die Opernredoute muss die Opernredoute bleiben“, sagt der Organisator.

Bernd Pürcher, Opernredoute

Philipp Schulz

So wird die Organisation nie zum Routinejob: „Mich reizt der Umstand, dass die Opernredoute zum gesellschaftlichen Höhepunkt des Jahres wurde und dass ich diese wunderbare Geschichte seit so vielen Jahren miterzählen kann“, so Pürcher. Es gelte, das hohe Niveau zu halten und zu begeistern. „Wir zünden die Funken. Die müssen überspringen und dann macht unser Publikum die Opernredoute zu dem, was sie ist“, so Pürcher.

Wirtschaftsfaktor Opernredoute

214 Euro kostet eine Eintrittskarte – ohne Tischreservierung. Der hohe Preis lasse sich allerdings durch den immensen technischen und künstlerischen Aufwand erklären, begründet Pürcher und setzt fort: Die Opernredoute sei ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor.

In einer Studie ist von einer Wertschöpfung von rund 1,5 Millionen Euro die Rede. Unterschiedliche Branchen wie Friseure, Bekleidungsgeschäfte, Taxibetriebe, Hotellerie und Gastronomie würden davon profitieren. Insgesamt arbeiten rund 500 Menschen im Hintergrund, am Parkett oder in den Restaurants.

Für die Gäste bereit stehen

  • 700 Flaschen Prosecco
  • 1.000 Flaschen Champagner
  • 1.500 Paar Sacherwürstl
  • 3.000 Weinflaschen
  • 4.000 Champagnergläser

Zu wenig Bier bei Vollmond

„Einmal ist zu relativ früher Stunde das Bier ausgegangen. Wenn man sich mit Gastronomen unterhält, dann ist tatsächlich die Mondkonstellation wesentlich relevant für den Getränkekonsum: Bei Vollmond geht Bier extra gut, und das wurde wohl nicht berücksichtigt“, erzählt Bernd Pürcher.

Aus solchen Situationen entwickeln sich „Learnings“, wie Pürcher es bezeichnet: „Bei der ersten Opernredoute haben wir nicht bedacht, dass der Abbau auch in unsere Verantwortung fällt. Im Vorfeld hat alles geklappt, allerdings hatten wir nicht genug Fremdpersonal engagiert - so mussten wir dann mit ein wenig Überraschung um 6.00 Uhr Früh selbst mitanpacken“, erzählt er.

Letzteres ist bis heute so geblieben: Wenn um 5.30 Uhr alle Gäste den Ball verlassen haben, geht es für Bernd Pürcher in die Garderobe - dann tauscht er Frack gegen Jeans und steht um 7.00 Uhr wieder in der Oper, um den Abbau zu koordinieren. Schon am Nachmittag muss ein Gutteil des Hauses wieder im „Normalzustand“ sein.

„Notfall-Smoking“ für Spezialfall

Zu Frack und Garderobe weiß Bernd Pürcher einige Geschichten: Einmal mussten Garderoben-Pulte aus feuerpolizeilichen Gründen im letzten Moment verschoben werden, was wiederum zu einem Stau bei der Mantelabgabe führte. Ein anderes Mal wollte ein Ballbesucher mit einem abgetragenen Sakko in die Oper. Die Ankleideabteilung musste ausrücken und mit Smoking und Fliege aushelfen. Dann gibt es wieder Gäste, die in Turnschuhen den Ball besuchen wollen. „Das ist zum Glück kein Massenphänomen“, so Pürcher.

Opernredoute 2017

ORF

Kleidungstechnische Ausnahme: Michael Ostrowski, Conférencier 2017

„Vor einigen Jahren“, erzählt der Organisator, „habe ich tatsächlich vergessen, meinen eigenen Frack aus der Reinigung zu holen. Da war es aber dann Samstag, der Tag der Opernredoute, und die Reinigung hat schon zugehabt“ Pürcher kam trotzdem zu seinem Frack.

Gutes Benehmen gefragt

Nicht nur in der Kleiderwahl erlebte die Opernredoute so manchen Fehlgriff, auch die guten Manieren kamen einmal zu kurz: Ein Moderator eines TV-Satireformats sei einmal in Glitzersakko und Kappe auf den Ball gekommen. Der habe sich sehr unfein aufgeführt und sei unhöflich zu den anderen Ballgästen gewesen, sagt Pürcher: „Den haben unsere Sicherheitsleute dann zum Ausgang gebeten“, so der Organisator.

Verlorene Schuhe und Schlüssel

Immer wieder macht das Opernredoute-Team kuriose Funde - mittlerweile reichen die Gegenstände schon für ein kleines Lager. „Es werden immer wieder Dinge verloren oder vergessen. Brillen, Schmuck oder einen Schuh“, so Pürcher. Oder ein Ballgast landet in den frühen Morgenstunden bei Pürcher, weil derjenige seinen Schlüssel verloren hat. „Da haben wir mit einem Hotel ausgeholfen - und dann war der Schlüssel eh in der Tasche.“ Wer sich Geschichten über große Pannen erwartet, wird bei Pürcher enttäuscht sein: „Die meisten Dinge, die von unserer Seite schiefgehen könnten, lösen wir in letzter Sekunde“, sagt er.

Besondere Ballgäste

Dafür erzählt er von seinem schönsten Opernredoute-Erlebnis. „Das ist sicher etwas sehr Persönliches: Als mein Partner und meine Mutter zum ersten Mal auf der Opernredoute waren. Das war nicht von Beginn an so“, sagt Pürcher.

Ein anderer wichtiger Moment liegt in der jüngsten Vergangenheit. Bernd Pürcher ist gebürtiger Schladminger und als solcher mit den Special Olympics, die 2017 in seiner Heimatgemeinde stattfanden, vertraut. Es sei ihm sehr am Herzen gelegen, eine Brücke zwischen den Veranstaltungen – Winterspiele und Opernredoute – zu schlagen, sagt er.

Eröffnung 2017, Special Olympics Athleten

Opernredoute

Special Olympics ist die größte Sportbewegung für Menschen mit mentaler Beeinträchtigung

Vier Special Olympics-Athleten eröffneten gemeinsam mit rund 100 Debütanten die Opernredoute 2017. „Das war schon ein ganz besonders schöner Moment für mich, was für eine Riesenfreude die vier mit ihren Tanzpartnern und Tanzpartnerinnen hatten. In diese Augen zu schauen, das war schon was ganz besonders. Und die Angehörigen dazu, die sich so enorm gefreut haben“, sagt Pürcher.

„Entspannter als der Wiener Opernball“

Die Eröffnung der Opernredoute begeistere das Publikum immer wieder. Vor allem Wiener Gäste seien „hin und weg“ von den komplexen Choreografien in Graz, so Pürcher.

Die Opernredoute sei „festlich wie der Opernball, aber eben die Spur entspannter und lustiger“, schrieb die Tageszeitung „Die Presse“. Diese Aussage werde ihm oft bestätigt, vor allem von Gästen, die den Wiener Opernball kennen, sagt Pürcher, „ich vergleiche mich aber sehr ungern mit dem Wiener Opernball. Das ist der österreichische Staatsball, und der hat ein ganz eigenes Standing. Es war von der ersten Minute an nicht unsere Absicht, diesen Ball in Graz kopieren zu wollen“, so der Opernredoute-Organisator.

70 Stunden für den Aufbau

Ab Mittwoch 22.30 Uhr heißt es für alle Beteiligten - immerhin rund 150 Beschäftigte -, in Tag- und Nachtschicht zu arbeiten, damit am Tag der Opernredoute alles fertig ist. „Ich bin am Vortag relativ lange hier, weil wir noch bis 22.00 Uhr Proben haben“, sagt Bernd Pürcher.

Ballsaal, Opernredoute 2012

Opernredoute

Die Ruhe vor dem Sturm auf die Tanzfläche

Sendungshinweis:

„Guten Morgen, Steiermark“, 27.1.2018

Am Samstag kommt er um 9.00 Uhr ins Haus, und zwölf Stunden später steht er dann am Inspizientenpult, hochkonzentriert und die ganze Eröffnung im Überblick. „Ich bin dann so energiegeladen und voller Freude, dass alles, was vorher monatelang geprobt und geplant wird, endlich über die Bühne geht“, sagt Pürcher. Trotzdem läuft das nicht ohne Lampenfieber ab: „Angesichts dessen, dass wir nur eine Durchlaufprobe am Tag der Opernredoute haben, bin ich natürlich sehr angespannt, dass alles so läuft, wie es laufen soll“, sagt Pürcher.

Genauso wird es auch heuer sein, wenn der erste Kapellmeister der Grazer Oper, Robin Engelen, den Taktstock zur Polonaise aus Tschaikowskis „Eugen Onegin“ hebt und die 100 Damen und Herren des Eröffnungskomitees in den Ballsaal ziehen. Dann darf die Opernredoute für einige Stunden das sein, was sie ist: Die Opernredoute. Bevor Bernd Pürcher am Sonntag gegen 15.00 Uhr die Oper verlässt und die Planung für das nächste Jahr beginnt.

20. Opernredoute „glitzert, funkelt, prickelt“

„Es wird glitzern, funkeln, prickeln“, kündigte die Grazer Opern-Intendantin Nora Schmid bei der Programmpräsentation der 20. Opernredoute an. Beim Jubiläumsball ist einiges neu - etwa ein nicht ganz menschliches Conférencier-„Duo“. Auch hat sich viel Prominenz angekündigt - mehr dazu in Viel Prominenz bei 20. Grazer Opernredoute und in 20. Opernredoute „glitzert, funkelt, prickelt“.

Und nicht nur die Ballbesucherinnen schlüpfen für die Opernredoute in ihre schönsten Roben - mehr dazu in Kleider machen Leute -, auch die Oper selbst bekommt jedes Jahr ein neues „Ballkleid“ - mehr dazu in Ein neues „Ballkleid“ für die Oper.

Für den Blumenschmuck wiederum ist seit Anbeginn Rudolf Hajek verantwortlich. Der Florist erklärt, warum die Arbeit herausfordernd ist und er sich freut, wenn die Blumen „abmontiert“ werde - mehr dazu in „Carpe Diem“ für eine rauschende Ballnacht.

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