Jesus, „die fremde Gestalt“

Der Psychiater Michael Lehofer hat gemeinsam mit dem Tiroler Bischof Hermann Glettler ein Buch geschrieben, dass Jesus in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt: „Die fremde Gestalt - Gespräche über den unbequemen Jesus“.

„Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen - ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert, denn ich bin gekommen, um den Sohn mit seinem Vater zu entzweien und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter, und die Hausgenossen eines Menschen werden seine Feinde sein. Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert.“

„Gewinnt an neuer Lebendigkeit“

Es sind durchaus auch verstörende Texte, die der gebürtige Steirer und jetzige Diözesanbischof in Innsbruck, Hermann Glettler, für dieses Buch über den fremden Jesus ausgesucht hat: „Zum Fürchten ist das aber nicht, sondern ich glaube eher, dass eine Beziehung, die man vielleicht anfangs auch zu Jesus hat, dadurch an neuer Lebendigkeit gewinnt, weil jeder von uns immer in Gefahr ist, dass man sich Jesus doch irgendwie domestiziert, das Bild von ihm zu sehr in irgendeinem Klischee lässt.“

„Er ist nicht nur dieser liebe Jesus“

Und wenn Jesus etwas nicht war, sagt Bischof Glettler, dann klischeehaft oder gar brav: „Es ist doch nicht nur dieser liebe Jesus, dieser brave Jesus, sondern der hat auch noch andere Seiten. So der Super-Messias wird schon alles lösen, und ich hau’ mich auf die faule Couch - dem ist nicht so. Er weist das zurück, er bricht diese menschlichen Erwartungen an ihn und führt damit eigentlich zu einem viel schöneren und tieferen Glauben.“

"Die fremde Gestalt"

Styria Verlag

„Der Kern des Evangeliums“

Für den Psychiater Michael Lehofer ist Jesus ein Vorbild, weil er unbändig authentisch, souverän und treu zu sich selbst war - auch wenn er dadurch Gesetze seiner Zeit gebrochen hat. „"Er hat die Regeln missachtet zugunsten der Liebe, und insofern ist er schon ein Vorbild für uns: Man sollte die Regeln achten, aber letztlich ist die größte Regel, die wir beachten müssen und sollen, die Liebe, und das ist der Kern des Evangeliums“, sagt Lehofer.

Sendungshinweis:

„Guten Morgen, Steiermark“, 25.3.2018

24 Bibelzitate haben Hermann Glettler und Michael Lehofer als Christen, aber noch viel mehr als langjährige gute Freunde besprochen und diskutiert, haben die Sichtweisen des Seelsorgers und Priesters, des Psychologen und Arztes und natürlich ihre eigenen Erfahrungen eingebracht.

„Ein Er-Lebensbuch“

Gerade deswegen ist es weder ein theologisches noch ein medizinisches Lese- oder Lehrbuch: „Jesus muss man erleben. Man kann über ihn lesen, man kann sich von ihm und von der Theologie belehren lassen, aber es ist ein Er-Lebensbuch, wenn man so will“, so Glettler, und Lehofer ergänzt: „Das Buch ist für alle geschrieben, auch für jene Menschen, die sich mit den christlichen Glaubensinhalten keinesfalls identifizieren können, weil überraschenderweise die Figur des Jesus auch die Figur eines Weisheitslehrers ist, jenseits der spirituellen Diemension, und ich glaube, da kann man sehr viel lernen, wenn man sich auf Jesus einlässt, für sein eigenes Leben nämlich.“

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