Der Osterhase muss ein Fischbacher sein

Rund um den Hasen dreht sich alles im oststeirischen Fischbach - und das schon seit vergangenem Winter: Fleißig wurde an den Langohren geschnitzt, getüftelt und gemalt. Heute zählt Fischbach doppelt so viele Osterhasen wie Einwohner.

Farbtupfer in Rot, Blau und Grün leuchten vor der Pfarrkirche, in Gärten, vor Gasthäusern aus der wintergrauen Wiese oder aus dem Schnee. Es sind jedoch keine Blumen. Bis der Frühling hier in Fischbach Einzug hält, wird es noch eine Weile dauern. Was dem Besucher hier entgegenblitzt, sind die Gesichter von rund 1.500 Holzosterhasen. Zählt man nicht nur den Ortskern, sondern das gesamte Gemeindegebiet, so dürften es zwischen 2.500 und 3.000 Hasen sein, schätzt Marianne Dornhofer vom Tourismusverband Fischbach.

Alles begann mit der „Osterhasen-Parade“

In den späten 1990er-Jahren begann der damalige Tourismus-Obmann Johann Zink, Osterhasen aufzustellen. Zwölf Stück von der Kirche der Straße entlang Richtung Gemeindehaus: die Hasenparade. Die ersten bemalte Zink noch selbst: „Aber da waren gleich ein paar Damen, die auf den Zug aufgesprungen sind“, erinnert er sich zurück und ergänzt: „Die haben dann auch getüftelt, wie das Gesicht am besten ausschaut."

„Malen ist das Vergnügen“

Eine dieser Osterhasenpionierinnen ist Erika Schöngrundner. Ihr Haus ist kaum zu übersehen. Die Worte „Osterhasen Verkauf“ sind auf ein Holzschild aufgemalt.

Osterhasendorf Fischbach

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Ein Schild weist den Weg in Schöngrundners persönliches Hasenparadies.

Als Türstopper dient ein kleiner Hase. Im Vorraum und am Treppenaufgang hat Schöngrundner ihre Figuren platziert. Sie sind aus Birken-, Kirsch- Haselnuss- oder Lindenholz. Das ganze Jahr über arbeitet Erika Schöngrundner an den Hasen. Vom Schnitt und Schleifen bis zur Bemalung – alles liegt in ihren Händen. Beim Zuschneiden mit der Kettensäge müsse man aufpassen, dass das Holz nicht springt, gibt die Holzexpertin zu bedenken.

Osterhasendorf Fischbach

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Weil sie selbst Friseurin war, haben die Hasen von Erika Schöngrundner eine Locke zwischen den Ohren.

Je glatter die Oberfläche geschliffen ist, desto feiner werden die Hasengesichter. Die großen Figuren muss Schöngrundner fünfmal schleifen, bei den kleinen reichen zwei bis drei Durchgänge. „Das Schneiden und Schleifen ist fast mehr Arbeit als das Anmalen. Ich sage immer: Die Arbeit zuerst und das Malen ist das Vergnügen“, so Schöngrundner.

Osterhasendorf Fischbach

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In der Karwoche können Kinder Osterhasen selbst bemalen.

Wenn das Osterwochenende vorüber ist, verstaut die Fischbacherin die Osterhasen wieder. „Mir tut es dann immer wieder leid. Dann denke ich mir, dass es so leer ist. Es blüht bei uns ja um diese Zeit nicht viel, aber wenn die Osterhasen draußen stehen, ist es bunt“, sagt sie.

Osterhasen als Wirtschaftsfaktor

Ohne die Unterstützung der Dorfbewohner wäre es in Fischbach rund um diese Zeit wohl nicht so bunt geworden. Erst mit der Hilfe vieler Hände machte Johann Zinks Idee das Osterhasendorf zu dem, was es heute ist. Das betont Zink immer wieder.

Sendungshinweis:

„Der Tag in der Steiermark“, 29.3.2018

Zwar ist Fischbach ein touristischer Ort mit einem Wellnesshotel und Wandermöglichkeiten, aber „von Winter weg bis Anfang Sommer war ja nix“, sagt Zink. Die Osterhasen sollten diese Zeit überbrücken und eine zusätzliche Einnahmequelle für den Ort bringen: „Es wird halt ein paar Jahre gehen, haben wir uns gedacht. Aber dann ist es so gut gelaufen, dass wir gesagt haben: Nein, jetzt können wir nicht aufhören“, so Zink. Inzwischen sind die Fischbacher Osterhasen bis nach Australien und Kanada „gehoppelt“.

„Hasen nicht mehr wegzudenken“

Die meisten Tagestouristen kommen aus der steirischen Umgebung nach Fischbach. Die Urlauber, die länger bleiben, sind vorwiegend aus dem Wiener Raum. Knapp 36.000 Nächtigungen gab es im vergangenen Jahr in Fischbach.

Zwar steigen die Zahlen laut Landesstatistik seit 2009 fast durchgehend an. Doch verglichen mit den 1970er Jahren machen die heutigen Übernachtungen etwa die Hälfte von damals aus, erklärt Marianne Dornhofer bei einem Spaziergang durch den Ort.

Osterhasendorf Fischbach

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Johann Zink und Marianne Dornhofer

Kein Wunder also, dass Tourismus-Obmann Zink bei den sinkenden Nächtigungszahlen nach einer Möglichkeit suchte, die Gemeinde zu beleben. „Der Urgedanke war, dass wir da so einen Markt anfangen und betreiben. Damit die ganze Wirtschaft in Fischbach etwas davon hat“, sagt er.

Anziehungspunkt Osterhasenkirtag

Mit dem Markt ist der Osterhasenkirtag gemeint. Im nächsten Jahr wird er zum 20. Mal stattfinden. Auch er ist immer weiter gewachsen. Am Anfang habe man eben ein paar „Standler“ aus dem näheren Umfeld gefragt, ob sie ihre Handwerkskunst ausstellen würden, sagt Zink. Jetzt müsse man einigen Ausstellern sogar absagen. Zwischen 6.000 und 7.000 Menschen hätten heuer den Kirtag, der traditionell am Palmsonntag stattfindet, besucht, berichtet Dornhofer.

Einige Tage nach dem Osterhasenkirtag wird es in dem 1.500-Seelen-Dorf wieder ruhig und beschaulich. Dennoch trifft man alle paar Meter auf Tagestouristen, die mittlerweile ein veritabler Wirtschaftsfaktor für den Ort geworden seien. Auch die Osterhasen wären nicht mehr wegzudenken, sind Zink und Dornhofer überzeugt.

Wer Lust auf einen Osterausflug hat, kann die Fischbacher Osterhasen noch bis 8. April besuchen

Vor allem für Großeltern und ihre Enkelkinder ist das Osterhasendorf ein beliebtes Ausflugsziel, trifft man Meister Lampe hier doch „in Aktion“: einmal beim Schnapsen vor dem Wirtshaus, ein andermal bei einer Taufe vor der Kirche oder beim Tennisspielen. Drei freche Hasen klettern sogar auf einen Balkon.

Fast 300 Osterhasen im Garten

Die vermutlich höchste Osterhasendichte der Steiermark gibt es übrigens bei Familie Egger: 280 selbstgemachte Hasen stehen vor dem Haus und im Garten. Da gehen die Hasenkinder in die Schule oder vergnügen sich am Skilift. Ein Hasenpaar heiratet und seit heuer gibt es auch eine Musikgruppe, die für das Brautpaar spielt. „Die Gäste vom Dorfhotel kommen oft zweimal am Tag, weil sie beim ersten Mal gar nicht alles gesehen haben“, erzählt Christine Egger.

Sie, ihr Mann und ihre Tochter waren von Beginn an dabei: „Ich tu das gerne. Das ist mein Hobby, sagt Christine Egger. Sie malt die Hasen an und näht die Kleidung. Die Hasenherren tragen gefütterte Anzüge, die Damen Kleider mit Unterröcken.

Bauart hat sich verändert

Die Hasen sind die Winterarbeit der Eggers. „Ich bin der Holzmanager und ich muss das machen, was die Damen anschaffen“, scherzt Norbert Egger. Er schneidet die Hasenfiguren aus den Baumstämmen und Ästen. Er baut die abgewinkelten Arme und überkreuzten Beine. Manche Hasen bekommen eigene Roller. „Ich habe sogar die Holzrechen selbst gemacht, wie sie die Bauern früher gehabt haben. Und kleine Besen aus Birkenreisig“, sagt Herr Egger.

Die Bauart hat er über die Jahre verändert. Bei den alten Hasen ist die Ohrform noch anders, erklärt Norbert Egger. Die habe er noch mit der Motorsäge geschnitten. Mittlerweile schneidet er die geschwungenen Ohren mit der Stichsäge aus. „Früher haben wir ja nur den ganzen Stamm gehabt. Dann ist meiner Frau eingefallen, sie macht ihnen Hosen. Ja, dann muss man das halt anders gestalten“, erzählt er. Die Hasenkörper fertigt er mit der großen Kreissäge an.

„Hasi“ Hansi Hinterseer und Peter Rosegger

Man müsse die Bewohner immer wieder dazu motivieren, neue Hasen zu machen. Nur so könne man den Erfolg aufrechterhalten. „Wenn es immer das Gleiche ist, bleiben die Leute fern“, so der ehemalige Tourismus-Obmann Zink. Besonders im Hinblick auf das Jahr 2019 und das Jubiläum müsse man sich etwas einfallen lassen.

"Hasi" Hinterseer, Osterhasendorf Fischbach

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„Hasi“ Hinterseer - nur die Frisur fehlt

Bei den Eggers ist das mit den neuen Ideen kein Problem. „Mir fällt alle Jahre etwas ein“, sagt Frau Egger. Bald wird der Platz knapp. Trotzdem stattet auch die Prominenz den Eggers einen Besuch ab. Auf der Fensterbank steht „Hasi“ Hinterseer stilecht in weißen Fellboots vor dem Mikrofon, das Christine Egger aus einer alten Taschenlampe gebastelt hat.

Osterhasendorf Fischbach, Peter Rosegger

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Sogar den Hut des Schriftstellers hat Frau Egger selbst angefertigt.

Anlässlich des heurigen Peter-Rosegger-Jahres hat sich auch der Heimatdichter im Garten der Eggers eingefunden. Ein paar Meter weiter liest er ein Gedicht. „Das habe ich kurrent geschrieben. Ich kann noch kurrent schreiben“, sagt Christine Egger.

Zukunft der Holzosterhasen

Die Osterhasen sind ein Teil der Ortsidentität geworden. „Letzten Endes trägt das jeder Fischbacher mit“, sagt Marianne Dornhofer. Aus Johann Zinks Worten klingt dennoch ein wenig Sorge.

„Ich sehe da ein bisschen eine Gefahr. Die, die damals angefangen haben, derartige Osterkreationen zu machen, werden älter - und ob wir da junge Nachahmer finden, das weiß ich nicht“, sagt er. Beharrlichkeit und Ausdauer habe es gebraucht, um die Idee zur Blüte zu bringen. „Vielleicht findet sich einer, der das in dieser Art weitermacht. Vielleicht findet sich auch etwas, das besser zieht“, meint Zink nachdenklich zur Zukunft seiner Fischbacher „Osterhasenkinder“.

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