Eine Grenze schreibt Geschichte

Das Museum für Geschichte in Graz widmet sich mit drei Ausstellungen der Grenzziehung der Steiermark zu Slowenien. Den Beginn macht die Zeit von 1900 bis 1918: Die Fotos stammen aus privaten und regionalen Sammlungen.

Die erste Schau, die bis 8. September zu sehen ist, zeigt Grenzen auf, die in den Köpfen der Menschen zu wachsen beginnen. Denn häufig wird so der Grundstein für das Entstehen von politischen Grenzen gelegt, so Kurator Helmut Konrad: "Man muss sich vorstellen, dass die Grenze zwischen einem Deutsch sprechenden und einem Slowenisch sprechenden Bevölkerungsteil immer schon eine Grenze im Kopf war, dass die Leute ihre Vorurteile, ihre Abgrenzungen gehabt haben.“

Sendungshinweis:

„Der Tag in der Steiermark“, 18.4.2018

Von Vorurteilen und Grenzsteinen

Mit dem wachsenden Nationalismus des ausgehenden 19. Jahrhunderts sei um jede Schule, um jede topographische Aufschrift gekämpft worden, so Konrad. Mit Fotosammlungen, Filmen und Tondokumenten geht es in der Ausstellung 100 Jahre zurück - in jene Zeit, in der die Steiermark geteilt wurde und die Südgrenze des Bundeslandes entstanden ist: „Wir versuchen zu zeigen, wie sich das über Vereine, über Schule, über Militär, über kulturelle Organisationen, wie sich diese Vorurteilsgrenzlinie verfestigt. Im zweiten Teil haben wir den Versuch gemacht, Menschen an der Grenze zu zeigen, zu sagen, wie haben die Menschen das damals erlebt. Im dritten Teil haben wir dann die echte, die harte Grenzziehung, die Abgrenzungskommission, die kommt, die Besetzung von Radkersburg und die echte Grenzziehung, die bis auf die Soboth hin geht, die Grenzsteine, die Grenzbalken und -brücken und die Grenzsoldaten.“

Die Grenze vor der eigenen Haustür

Der Fokus liegt auf den politischen, kulturellen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen dieser Teilung, die im Ersten Weltkrieg entstand, so Konrad: „Es gab Grundbesitzer, die auf beiden Seiten der Grenze plötzlich den Grund gehabt haben. Es gab Bauernhöfe, vor deren Haustür plötzlich die Grenze lief und das Haus von den Feldern trennte. Es war mühselig und schwierig, diese Grenze dann tatsächlich auf die Landkarte zu bringen als eine Linie.“

Museum

Herbert Blatnik, Kloepfermuseum Eibiswald

Südmark-Karte

Diese Linie verfestigte sich - allerdings nur bis zur Zeit des Zweiten Weltkriegs: „Bis dann in der NS-Zeit mit dem Überfall Deutschlands auf Jugoslawien, mit der Bombardierung Belgrads, die von Graz aus gestartet wurde, diese Grenze wieder nach Süden vorgeschoben wurde. Plötzlich war da wieder der Anspruch Jugoslawiens auf diese Gebiete zugunsten der deutschen Armee, dann gibt es 1945 wieder den Rückzug. Die Grenze bleibt also eine ganz heiße Zone und wird kurz darauf Eiserner Vorhang.“

„100 Jahre Grenze“

  • „1900-1918: Die Zeit vor der Grenzziehung“ bis 8. September 2018
  • „1919-1945: Leben an der Grenze“ von 13. September 2018 bis 24. Februar 2019
  • „1946-2018: Leben mit der Grenze“ von Frühjahr bis Sommer 2019

Zeit verändert Grenzen

Die ursprünglich gezogene Grenze ist auch aktuell noch relevant - es ist nämlich jene, die auch heute noch existiert, so der Historiker: „Die Grenzlinie, die jetzt die Grenze ist, ist jene Grenze, die 1919 im Friedensvertrag festgelegt worden ist.“ Nur die Bedeutung der Grenze wandle sich immer wieder: „Jetzt ist die Grenze offen, aber selbst in der Gegenwart war sie nicht immer offen, weil wie die große Flüchtlingswelle eingedämmt werden musste, war sie plötzlich wieder zu. Uns geht es darum zu sagen, Grenzen werden unterschiedlich wahrgenommen, zu unterschiedlichen Zeiten.“

Steiermark als „kleines Schweinchen“

Die Ausstellung beschäftigt sich mit Fragen wie: Was sind Grenzen? Wie entstehen Grenzen? „Grenzen definieren ein jeweiliges politisches, kulturelles, gesellschaftliches Rahmenfeld, das sind immer Konventionen und auch politische Grenzen sind Konventionen. Österreich schaut so aus wie ein geklopftes Wiener Schnitzerl, die Steiermark schaut aus wie ein kleines Schweinchen und so weiter, aber das muss nicht so sein. Es geht vor allem darum, dass wir erkennen, dass Grenzen umso leichter entstehen, je mehr sie auch in den Köpfen als Vorurteile, als Überlegenheitsgefühle, als Unterlegenheitsgefühle, bereits vorhanden sind“, so Konrad.

altes Bild

MiaZ – Museum im alten Zeughaus, Bad Radkersburg

Gasthaus Koroschetz in Bad Radkersburg nach Grenzziehung

Der zweite und dritte Teil der Ausstellung werden im Anschluss an die erste Schau, im Herbst 2018 bzw. im Frühjahr 2019 eröffnet: „1919-1945. Leben an der Grenze“ startet am 13. September 2018 bis 24. Februar 2019, „1946-2018. Leben mit der Grenze“ läuft von Frühjahr bis Sommer 2019.

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